Nicht nur die geladenen Gäste in Riad waren von Trumps Ankündigung überrascht. «Auch Fachleute und offenbar selbst Teile der US-Verwaltung in Washington wurden davon überrumpelt», sagt Kimberly Donovan von der US-Denkfabrik «Atlantic Council». Und bis heute gebe es keine offiziellen Richtlinien zum Thema.
Das bedeutet, dass im Grunde die US-Sanktionen gegen Syrien noch immer in Kraft sind. Auch Delaney Simon von der europäischen Denkfabrik «International Crisis Group» bestätigt dies.
Mögliche Aufhebung der Sanktionen zieht sich hin
Syrien ist in ein dichtes Netz von internationalen Sanktionen eingebunden. Allein die US-Sanktionen reichen bis ins Jahr 1979 zurück, als Syrien den Libanon besetzte. Andere sind Reaktionen auf Folter und den Einsatz von Chemiewaffen durch das Assad-Regime im Syrienkrieg.
Sanktionen tatsächlich aufzuheben, ist ein schwieriger Weg.
Einige dieser Sanktionen könnten durch präsidiale Beschlüsse aufgehoben werden. Andere brauchen die Zustimmung des US-Senats. Ein Prozess, der Wochen, wenn nicht Monate dauern kann. Und selbst dort, wo Trump theoretisch sofort handeln könnte, fehlt bislang seine Unterschrift. «Der Teufel steckt im Detail. Sanktionen tatsächlich aufzuheben, ist ein schwieriger Weg», sagt Delaney Simon.
USA könnten Syrien nachträglich Bedingungen stellen
Noch nie habe eine US-Regierung Sanktionen ohne Bedingungen aufgehoben. Delaney Simon befürchtet, dass die Trump-Regierung Syrien nun im Nachhinein Konditionen stellen könnte. Etwa die Anerkennung Israels, oder den Abschluss von vorteilhaften Ölverträgen mit US-Firmen.
Auf der anderen Seite stehen der aktuelle Übergangspräsident Ahmad al-Sharaa und Mitglieder seiner Regierung noch immer auf internationalen Terrorlisten. Dies erschwere jegliche künftige Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung, erklärt Kimberly Donovan.
UNO hält an Terrorlisten fest
Terrorlisten werden vor allem von der UNO geführt. Um die syrische Regierung von diesen Listen zu streichen, bräuchte es einen Entscheid des UNO-Sicherheitsrats, doch bis anhin gebe es dahingehend keine Vorstösse von den Mitgliedsstaaten, sagt Delaney Simon von der «International Crisis Group».
Viele Diplomatinnen und Diplomaten stünden der neuen syrischen Führung kritisch gegenüber – unter anderem wegen der jüngsten Gewalt gegen Minderheiten und der Präsenz ausländischer Jihadisten in Syrien, sagt Sanktionsspezialistin Simon.
Anders als die UNO ist die EU der US-Regierung gefolgt und hat diese Woche bekanntgegeben, ihrerseits Wirtschaftssanktionen aufheben zu wollen. Der richtige Entscheid, sagt Simon von der «International Crisis Group».
Es braucht Investitionen, Entwicklungs- und Wiederaufbauhilfen.
Die Sanktionen hinderten die Regierung daran, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Das könnte Extremisten im In- und Ausland dazu ermutigen, das Land erneut ins Chaos zu stürzen. Und dennoch mahnt Kimberly Donovan vom Atlantic Council: Sanktionen aufheben allein reiche nicht.
Mit der Aufhebung von Sanktionen ist es noch nicht getan
Es brauche auch positive Massnahmen in Syrien: Investitionen, Entwicklungs- und Wiederaufbauhilfen, um das Vertrauen von Investoren wiederherzustellen.
Die beiden Expertinnen sind sich einig: Sanktionen gegen Syrien aufzuheben sei ein wichtiger erster Schritt. Auch wenn dieser nicht so schnell und einfach vollzogen werden kann, wie dies Trump vollmundig verkündete.