Rund 100 Dokumente sind seit ein paar Tagen frei im Netz zugänglich; E-Mails und Telefonprotokolle aus dem Aussendepartement, veröffentlicht per Gerichtsbeschluss nach einer Klage der Organisation American Oversight.
Wenn man diese Dokumente ansehe, verstehe man, warum Aussenminister Mike Pompeo keine Informationen herausgebe, und warum sich die Demokraten im Kongress darüber beklagen würden, sagte Austin Evers, Direktor von American Oversight, gegenüber MSNBC.
Zwei Telefonate mit Giuliani geführt
Denn die Dokumente zeigen, dass Pompeo schon im März zweimal mit Rudy Giuliani telefonierte, und dass das Aussendepartement über dessen Recherchen in der Ukraine Bescheid wusste. Giuliani war als Anwalt von US-Präsident Donald Trump federführend in der Ukraine-Affäre.
Ein Gespräch zwischen Giuliani und Pompeo koordinierte eine von Trumps Assistentinnen. Die Telefonate dauerten bloss vier Minuten und was die beiden besprachen, ist nicht klar. Aber die Gespräche erfolgten kurz bevor die US-Botschafterin in Kiew, Mary Jovanovic, vom Posten entfernt wurde.
Giuliani hatte gegen die Botschafterin eine Schmutzkampagne geführt. Nun ist sie eine Zeugin in der Amtsenthebungsuntersuchung der Demokraten. Diese Untersuchung wird zunehmend belastend für den US-Aussenminister.
Trumps Telefonat mit Selenski mitgehört
Pompeo war auch beim Telefonanruf zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski dabei. Es gelang ihm nicht, eine seiner Top-Diplomatinnen vor Mobbing aus dem Weissen Haus zu schützen. Inzwischen sind zudem diverse seiner Angestellten in den Zeugenstand getreten.
Beamte und Diplomaten haben unter Eid erzählt, wie wahlpolitisches Kalkül aus dem Weissen Haus die offizielle Aussenpolitik in der Ukraine untergraben hat. Und alle hätten davon gewusst, sagte der Kronzeuge Gordon Sondland, US-Botschafter in Brüssel, im Kongress aus. Er nannte Pompeo an erster Stelle als Adressat eines E-Mails, das er als Beweismittel aufführte.
Seine Führungsfähigkeit wird angezweifelt
Die Zweifel an der Führungsfähigkeit des Aussenministers steigen und die Moral im Aussendepartement sei unter Null, hört man. Kritisiert wird auch Pompeos Personalpolitik. Denn fast alle Schlüsselstellen sind zwar inzwischen besetzt, allerdings politisch, das heisst, ohne Bestätigung des Senats.
Das alles führe zu einer Herabsetzung der US-Diplomatie in der Welt, sagt William Burns, früherer US-Botschafter in Russland und nun Präsident der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace, gegenüber NPR.
Angeblich an einem Senatssitz interessiert
Nun werden Stimmen laut, die sagen, Aussenminister Pompeo solle sich in den Ukraine-Beziehungen für befangen erklären. Das werde er sicher nicht tun, sagte dieser letzte Woche an einem Nato-Treffen in Brüssel. Er kenne die US-Politik in der Ukraine genau und er sei stolz darauf, was er erreicht habe.
Trotz dieser Standfestigkeit: In Washington munkelt man, Pompeo sei kurz vor dem Absprung und plane, kommendes Jahr in Kansas für einen Senatssitz zu kandidieren. Vielleicht ist es ein falsches Gerücht – vielleicht auch nicht.