Zum Inhalt springen

Transatlantische Beziehungen Handelsstreit EU-USA: Biden als Hoffnungsträger?

Am Dienstag verhängt die EU neue Strafzölle auf Industrie und Landwirtschaftsprodukte aus den USA. Die EU und die USA werfen sich gegenseitig vor, ihren jeweiligen Flugzeug-Industrien Airbus und Boeing Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Ketchup, Rum, Games und Traktoren

Box aufklappen Box zuklappen

Die neuen europäischen Strafzölle auf US-Importe werden von diesem Dienstag an auf Produkte wie Tomatenketchup, Rum, Wodka und Spielekonsolen erhoben. Zudem sind unter anderem Fahrzeuge wie Traktoren und Schaufellader sowie Flugzeuge betroffen, wie aus einem am Montagabend veröffentlichten Eintrag im EU-Amtsblatt hervorgeht. Der Strafzoll auf Luftfahrzeuge wird 15 Prozent betragen, der auf alle anderen Produkte 25 Prozent.

Doch trotz neuer Strafzölle: Die EU-Handelsminister wollen so schnell wie möglich vier Jahre transatlantische Handelskonflikte hinter sich lassen. Europa wolle nun ein neues Kapitel aufschlagen mit der Wahl von Joe Biden, so Peter Altmaier. Der deutsche Wirtschaftsminister präsidiert in diesem Halbjahr den Ministerrat.

Wir sind der Auffassung, dass wir – spätestens mit der neuen Administration – einen Zustand anstreben, in dem es nicht mehr notwendig ist, Sonderzölle zu erheben, weil wir bereit sind, mit den USA zu einer umfassenden handelspolitischen Einigung zu kommen.
Autor: Peter Altmaier Deutscher Wirtschaftsminister.

Im Oktober erhielt die EU vom WTO-Schiedsgericht die Erlaubnis, im Airbus-Boeing-Streit gegen die USA Strafzölle zu verhängen; 4 Milliarden Dollar pro Jahr. Bewusst setzte die EU diese Entscheidungen aus bis nach den US-Wahlen. Der neue Entscheid zielt auf den abgewählten US-Präsidenten, Donald Trump.

Neuer Präsident – neue Chance

Wie die EU-Handelsminister wollen auch Vertreter des EU-Parlamentes nun aber einen anderen Weg einschlagen. Reinhard Bütikofer sitzt im Ausschuss für internationalen Handel im Europäischen Parlament und ist Mitglied der Delegation für die Beziehungen der EU zu den Vereinigten Staaten. In seinen Augen müsse die EU nun die Übergangsperiode und die ersten Monate der Amtszeit von Joe Biden nutzen, ein neues Gleichgewicht zu finden.

Und in der Zeit wäre es gut, wenn wir als Europäer zwei Botschaften senden: Wir sind bereit, uns zu wehren – aber wir wollen es nicht übers Knie brechen.
Autor: Reinhard Bütikofer EU-Parlamentarier

Vertreter der EU hätten darum bereits im Wahlkampf das Gespräch mit dem Team von Biden gesucht und offenbar ermutigende Signale erhalten. Biden werde gegenüber der EU wieder mehr auf Kooperation und weniger auf Konfrontation setzen, so das Versprechen.

Die USA und Europa würden allerdings handelspolitische Rivalen bleiben; das die Einschätzung des Präsidenten des Aussenpolitischen Ausschusses des EU-Parlamentes David McAllister.

Es wird kein ‹back to the old normal› geben. Es geht viel mehr darum, ein ‹new normal› zu definieren. Aber einen neuen Impuls für die transatlantischen Beziehungen wird es schon geben.
Autor: David McAllister Präsidenten des Aussenpolitischen Ausschusses

Das neue Normal sei ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Handelsblöcken EU und USA. Daran ändere auch die Wahl von Biden nichts. Aber zum neuen Normal gehöre nun wieder eine regelbasierte Rivalität unter liberalen, offenen Wirtschaftsmächten und unter dem Dach der Welthandels-Organisation WTO. So die Hoffnung der EU.

Kämpferische EU

Reinhard Bütikofer sieht da vor allem Europa in der Pflicht.

Insgesamt wird entscheidend viel davon abhängen, ob wir eine aktive Herangehensweise wählen, oder warten, dass Biden uns entgegenkommt.
Autor: Reinhard Bütikofer EU-Parlamentarier

Mit den neuen Strafzöllen gibt sich die EU kämpferisch gegenüber den USA. Und auch die Wahl einer neuen WTO-Chefin in den kommenden Wochen ist eine gute Gelegenheit, zu zeigen, dass Europa verstärkte Durchsetzungskraft gegenüber den USA entfalten will. Die EU überzeugte die Mehrheit der WTO Mitglieder für eine Kandidatin. Die Wahl scheiterte bisher aber am Veto des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump.

Echo der Zeit, 9.11.2020, 18 Uhr

Meistgelesene Artikel