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Transplantierte Schweineniere US-Ärzte transplantieren erstmals Schweineniere in einen Menschen

  • Ärzte in den USA haben einem lebenden Patienten eine Schweineniere transplantiert.
  • Das ist weltweit eine Premiere.
  • Der Organ-Empfänger erhole sich gut von der Operation, teilte die Klinik mit. Die Operation hat am Samstag im Massachusetts General Hospital (MGH) stattgefunden.

Der 62-Jährige könne nach der Operation voraussichtlich schon bald aus dem Spital entlassen werden. Die Mediziner sprachen von einem «Meilenstein». Es wird seit Jahrzehnten daran gearbeitet, tierische Organe auf Menschen zu transplantieren.

Vorherige Transplantationen von Schweinenieren hatten nur bei Patienten stattgefunden, die bereits hirntot waren. Bei diesen als klinisch tot geltenden Menschen hatte die genetisch angepasste Schweineniere ihre Funktionen normal ausgeübt.

Operation einer transplantierten gentechnisch veränderten Schweineniere in einen lebenden Menschen.
Legende: Tatsuo Awai, einer der an der Transplantation der Schweineniere beteiligten Ärzte am MGH, nannte das Verfahren eine hoffnungsvolle Perspektive für «Millionen von Patienten weltweit, die an Nierenversagen leiden». Keystone/AP Massachusetts General Hospital

Die transplantierte Schweineniere wurde gentechnisch verändert. Dabei wurden für den Menschen schädliche Schweinegene entfernt und dem Organ bestimmte menschliche Gene hinzugefügt. Diese gentechnische Veränderung ist wichtig: «Der menschliche Körper erkennt ein tierisches Organ als fremd und stösst dieses ab. Deshalb werden schon die Tiere selber gentechnisch verändert», erklärt Franz Immer. Er ist Herzchirurg und Direktor von Swisstransplant.

Zwei bis drei Schweinestämme würden gentechnisch verändert, um letztendlich für Menschen Organe produzieren zu können. Diese würden sich dann weiter vermehren. «Diese Veränderung erfolgt einmal und ist nicht immer wieder notwendig», so Immer.

Zum Empfänger der Schweineniere

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Eine Schweineniere liegt auf Eis und wartet auf die Transplantation in einen lebenden Menschen.
Legende: Keystone/AP Massachusetts General Hospital

Richard Slayman aus dem US-Bundesstaat Massachusetts litt an einer Nierenerkrankung im fortgeschrittenen Stadium. Er hatte sich zuletzt einer Dialyse unterziehen müssen. Slayman hatte 2018 eine menschliche Spenderniere bekommen, die aber im vergangenen Jahr zu versagen begann.

Der 62-Jährige sagte, er habe der Transplantation der Schweineniere nicht nur zugestimmt, «um mir selbst zu helfen». Er habe auch eingewilligt, weil dieses Verfahren «tausenden Menschen Hoffnung gibt, die für ihr Überleben eine Transplantation brauchen».

Wegen des Mangels an menschlichen Spenderorganen setzt die medizinische Forschung zunehmend auf Organe von Tieren. Der Forschungszweig wird als Xenotransplantation bezeichnet, womit generell die Transplantation von Organen einer Spezies zu einer anderen Spezies gemeint ist.

Dass gerade eine Niere transplantiert werden konnte, sei besonders wichtig, sagt Immer. «Weltweit warten am meisten Menschen auf die Zuteilung einer Niere.» In der Schweiz waren laut den Swisstransplant-Jahreszahlen 2022 1435 Menschen auf der Warteliste.

Die Transplantation von Schweinenieren sei ein erster Schritt für die Lösung dieses Problems, sagt der Swisstransplant-Direktor. Natürlich müsse sich diese Transplantation zuerst beweisen. «Wenn das ein Durchbruch wäre, wäre es für die Menschen auf der Warteliste ein Segen. Denn diese Menschen sind grossmehrheitlich an der Dialyse, an der Blutwäsche.»

Transplantationen könnten Gesundheitskosten reduzieren

Eine solche Transplantation würde die Dialyse überflüssig machen. «Das hat grossen Einfluss auf die Lebensqualität, aber letztendlich auch auf die Kosten», sagt Immer. «Eine Nierentransplantation kostet rund 60’000 Franken. Ein Jahr Blutwäsche kostet 100’000 Franken. Eine transplantierte Niere funktioniert im Schnitt 20 Jahre. Das bedeutet, jede Niere, die wir transplantieren können, spart 1.5 Millionen Franken im Gesundheitswesen.»

Immer zieht den Vergleich mit dem letzten Jahr: «Bei 300 Nierentransplantationen ist das insgesamt eine halbe Milliarde, die man im Gesundheitswesen einsparen könnte.»

Ein Pfleger steckt die Nadel in den Arm eines Patienten, um ihn an das Dialysegerät anzuschliessen.
Legende: Betroffene müssen für die Dialyse in der Regel dreimal pro Woche für einen halben Tag in ein Spital gehen. Dort werden sie an einer Maschine angehängt, wo das Blut gereinigt wird, weil die Nierenfunktion ausgestiegen ist. Keystone/Gaetan Bally

Auch in der Schweiz wird geforscht. Und an mehreren Standorten in Europa werden laut dem Herzchirurgen Immer bereits Tiere gezüchtet, deren Organe letztendlich auf menschliche Empfänger übertragen werden könnten.

SRF 4 News, 22.03.2024, 07:10 Uhr ; 

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