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Trauer um Nelson Mandela Sie haben Mandela getroffen – drei alt Bundesräte erinnern sich

Nach seiner Freilassung Anfang 1990 hat Nelson Mandela mehrmals die Schweiz besucht. Zu welchem Zweck er auch in die Schweiz kam und wo er auch war – mit seiner Art hat er überall Eindruck hinterlassen. Auch bei den ehemaligen Bundesräten René Felber, Flavio Cotti und Adolf Ogi.

«Sein Tod war zu erwarten. Und trotzdem war ich zutiefst erschüttert», sagte alt Bundesrat Flavio Cotti bei einem Medientreffen in Bern. Er habe in Mandela eine der bedeutendsten und am meisten zu bewundernden Persönlichkeiten gezählt, denen er begegnet sei. «Ich habe seine Seelenruhe bewundert, seine Fähigkeit, die Vergangenheit ohne Hass zu betrachten.»

«Er war einer der letzten Weisen, ein grosser Weiser», sagte alt Bundesrat René Felber. «Das Gesamtwerk hat mich am meisten beeindruckt», ergänzt alt Bundesrat Adolf Ogi. Dass er trotz 27 Jahren Gefängnis nie an Rache gedacht habe, sondern sich friedlich für ein demokratisches Südafrika eingesetzt habe.

Felber erinnert sich an einen regnerischen Junitag im Jahr 1990. Mandela war noch kein halbes Jahr auf freiem Fuss, als er mit seiner Frau Winnie in die Schweiz reiste. Er landete in Bern-Belp.

«Ich fand mich einem grossen, mageren, schönen, alten Mann gegenüber, der 27 Jahre im Gefängnis verbracht hatte. Er wollte keine Rache, kein Blut, aber Demokratie für sein Land. Das war extrem bewegend.» Der ehemalige SP-Bundesrat erinnert sich vor allem an einen Satz von Mandela: «Es wird kein Blut geben, es wird keine Revolution geben.»

Mandela habe sich für die Bemühungen zu seiner Freilassung bei ihm bedankt und für die «substanzielle Unterstützung der Townships» durch die Schweiz.

Felber und Cotti würdigten seine grosse Ruhe, Cotti nannte sie «Seelenruhe». Er habe die Fähigkeit gehabt, ohne Hass auf die Vergangenheit in die Zukunft zu blicken und auf ein demokratisches Südafrika hin zu arbeiten. «Dies hat es Südafrika erlaubt, ohne Konflikt zur Demokratie überzugehen», ist Cotti überzeugt.

Bedauern über Doppelmoral

In ihrer Würdigung der damaligen Haltung der Schweiz unterscheiden sich der heute 80-jährige Felber und der 74-jährige Cotti.

Während Cotti sich nicht zur Apartheid-Politik Südafrikas äusserte, erinnerte Felber an die damalige Doppelmoral der Schweiz, die einerseits die Apartheid verurteilte und andererseits gute wirtschaftliche Beziehungen zu Südafrika unterhielt und die internationalen Sanktionen ignorierte. Mandela habe diese Haltung der Schweiz bedauert.

Alt Bundesrat Adolf Ogi feierte seinen Geburtstag gar am gleichen Tag wie der verstorbene Mandela; am 18. Juli. Mandela habe ihn bei einem Treffen darauf angesprochen, sagt Ogi im Interview mit Schweizer Radio und Fernsehen. Er selber hätte dies nicht gewagt, erinnert sich Ogi. Er habe keinen Smalltalk beginnen wollen.

Die Gespräche hätten sich vor allem auf die Politik und den Sport konzentriert. Der Sport sei Mandela so wichtig gewesen, weil er dadurch die Aufmerksamkeit auf seinen Kontinent Afrika hätte lenken können. Deshalb sei er auch in die Schweiz gekommen.

Vier Besuche in der Schweiz

Doch die Eidgenossenschaft sei für Mandela auch Vorbild gewesen: Trotz verschiedener Sprachen und Kulturen herrscht hier Frieden und Freiheit seit 1848. Das habe Mandela gewusst und das sei für ihn beispielhaft gewesen.

Mandela und Felber.
Legende: Nelson Mandela und René Felber anlässlich Mandelas Schweiz-Besuch im Juni 1990. Keystone

Nelson Mandela hat nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Anfang 1990 mehrere Male die Schweiz besucht. Im Juni 1990 trat er vor der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Genf auf und gleich darauf traf er in Bern Bundesrat René Felber, den damaligen Schweizer Aussenminister. Im Februar 1992 reiste Mandela erneut in die Schweiz und nahm in seiner Funktion als ANC-Präsident am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos teil.

Als südafrikanischer Präsident – er versah das Amt von 1994 bis 1999 – traf Mandela im Oktober 1995 Bundespräsident Kaspar Villiger und Bundesrat Flavio Cotti – anlässlich der Eröffnung der Telecom 95 in Genf.

Standing Ovations beim Abschied

Seinen ersten offiziellen Arbeitsbesuch als südafrikanisches Staatsoberhaupt stattete Mandela der Schweiz dann im August 1997 ab. Im August 1998 besuchte der damalige Bundespräsident Flavio Cotti seinen Amtskollegen Mandela in Kapstadt.

Während seines vierten und letzten Auftritts am WEF in Davos verabschiedete sich Mandela im Januar 1999 von der internationalen Polit- und Wirtschaftselite. Das zahlreich erschienene Publikum erhob sich und bedachte den 81-Jährigen mit langem Applaus.

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