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Treffen in Grossbritannien Suche nach internationalen Regeln im Umgang mit KI

Regierungschefs und Ministerinnen aus der ganzen Welt diskutieren über die Risiken und Chancen von KI für die Menschheit. Für die Schweiz reist Bundesrat Rösti am Donnerstag nach London.

Ob automatische Gesichtserkennung, medizinische Diagnosen oder Übersetzungen: Die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) seien phänomenal – aber ebenso die Risiken, warnte der britische Premierminister Rishi Sunak im Vorfeld des KI-Gipfels von London.

Mithilfe von KI könnten chemische und biologische Waffen noch schneller entwickelt werden als bisher. «In den Händen von Terroristen ist dies eine existenzielle Bedrohung», so Sunak.

Gipfeltreffen an historischem Ort

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Gebäude des Bletchley Park.
Legende: Keystone/Matt Dunham

Das zweitägige internationale Gipfeltreffen über künstliche Intelligenz findet ausserhalb Londons, in Bletchley Park, statt. Der Tagungsort ist nicht zufällig gewählt: Während dem Zweiten Weltkrieg wurden dort die codierten Nachrichten der deutschen Wehrmacht dechiffriert. An dem Treffen nehmen zahlreiche Regierungschefs und Ministerinnen aus Ländern der ganzen Welt sowie mehrere Chefs von grossen Internetkonzernen teil. Darunter sind US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der deutsche Umweltminister Robert Habeck, Bundesrat Albert Rösti oder X-Chef Elon Musk.

KI könnte von Kriminellen auch für Cyberangriffe, Betrug oder die Manipulation von Wahlen benutzt werden. Und: «Die schlimmste Bedrohung ist, dass die Menschheit gar die Kontrolle über die künstliche Intelligenz verliert», mahnte der britische Premier.

Neue Medikamente? Kernfusion?

KI biete aber auch riesige Chancen, betonte Sunak: «Dank künstlicher Intelligenz wird die Kernfusion vielleicht bald Wirklichkeit. Eine neue Energieform ohne gefährliche Emissionen. Sie kann vielleicht den Welthunger beenden, indem Nahrung schneller und billiger produziert werden kann.»

Auch könnten mittels KI Medikamente gegen Demenz oder neue Impfungen entwickelt werden, so der Premier.

Die Wahrheit liegt zwischen Killer-Robotern und neuen Wundermedikamenten.
Autor: Hetan Shah Direktor der britischen Akademie der Wissenschaft

Die Wissenschaft spricht ein bisschen weniger pathetisch über KI: «Die Wahrheit liegt zwischen Killer-Robotern und neuen Wundermedikamenten», sagt der Direktor der britischen Akademie der Wissenschaft, Hetan Shah. Das Problem sei, dass sowohl Risiken wie Nutzen von KI völlig überzeichnet würden.

Gefälschte Videos von Sunak und Starmer

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Unlängst tauchten in Grossbritannien Videofilme auf, die zeigten, wie sich Sunak über das Königshaus lustig macht. In einer anderen Aufnahme flucht Labour-Leader Keir Starmer wie ein Rohrspatz. Beide Aufnahmen hatten eine Gemeinsamkeit: Sie waren täuschend echt, aber gefälscht – hergestellt mit künstlicher Intelligenz.

KI nehme uns zunächst einmal langweilige Arbeiten ab – wie Fussnoten schreiben oder Laborproben auswerten. «Aber wenn Politiker in Videos plötzlich täuschend echt Dinge äussern, die sie gar nie gesagt haben, dann haben wir tatsächlich ein Problem», so Shah.

Deshalb sei es eine gute Idee, den Umgang mit künstlicher Intelligenz zu regulieren.

London strebt weltweite Charta an

Die britische Regierung möchte dies nicht einzelnen Ländern oder gar Firmen überlassen. ‪Sie möchte eine globale Regulierung – eine Art Charta der guten Nutzung von KI.

Katie O'Donovan von Google Grossbritannien ist skeptisch, ob dafür die Zeit reicht. Schliesslich würden neue Gesetze normalerweise während Jahren in Kommissionen und Parlamenten debattiert, bevor sie in Kraft treten.

Im Vergleich zum Gesetzgebungsprozess schreitet die digitale Entwicklung mit Lichtgeschwindigkeit voran.
Autor: Katie O'Donovan Public Manager bei Google United Kingdom

«Die digitale Entwicklung schreitet im Vergleich jedoch mit Lichtgeschwindigkeit voran. Wir müssen unsere Regulierungsprozesse anpassen und beschleunigen», so O'Donovan. Darüber müsse man bei dem Treffen in London reden.

Der Gipfel in Grossbritannien ist längst nicht der erste Versuch, KI zu regulieren. Noch nie aber sassen so viele globale Akteure gemeinsam an einem Tisch. Das kann Premierminister Sunak durchaus als Erfolg verbuchen.

In Grossbritannien staunen jedoch viele, wenn er auf der grossen Bühne so vehement vor dem Missbrauch von KI warnt. Denn exakt in diesen Tagen hat die britische Regierung die Polizeibehörden aufgefordert, die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum massiv auszubauen.

Mithilfe von künstlicher Intelligenz.

Rendez-vous, 1.11.2023, 12:30 Uhr

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