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Treffen zur Lage in Nahost Trump empfängt Netanjahu in Florida zu Gesprächen – darum geht's

US-Präsident Donald Trump empfängt heute Abend den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida. Beim bereits sechsten Treffen in diesem Jahr wollen die beiden Politiker über die Zukunft des Gazastreifens sprechen. Worum es bei den Gesprächen genau geht, weiss Auslandredaktorin Susanne Brunner.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie ist auch heute noch regelmässig in der Region unterwegs.

Brunner wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Susanne Brunner und Informationen zu ihrer Person.

Wie ist derzeit die Situation im Gazastreifen?

Weiterhin katastrophal. Die Bevölkerung leidet seit Tagen unter starkem Regen und Sturmböen. Vom Krieg schwer beschädigte Gebäude stürzen ein, vereinzelt sind Menschen laut palästinensischen Angaben auch an Kälte gestorben. Fast die gesamte Bevölkerung ist aus ihren Wohnungen vertrieben worden, es gibt nicht genug Zelte und die Menschen sind teilweise den Elementen schutzlos ausgesetzt. Die UNO sagt, es gebe im Gazastreifen keine Hungersnot mehr, aber viele Menschen haben trotzdem Mühe, genug Essen zu finden. Die USA verlangen, dass pro Woche 4200 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen sollen, aber das Ziel wird aktuell nicht erreicht.

Frau mit Kind vor einer einfachen Behausung aus Planen.
Legende: Im Gazastreifen fehlt es an Zelten. Menschen würden deshalb auch in beschädigten Gebäuden oder im Freien übernachten, sagt Susanne Brunner. (Bild: Gaza-Stadt, 29.12.2025) Keystone/ Jehad Alshrafi

Die zweite Phase des US-Plans für Gaza sieht einen Rückzug der israelischen Streitkräfte vor. Ist davon etwas sichtbar?

Nein. Die israelische Regierung will sich nicht auf die zweite Phase des Friedensplans, den ihr der US-Präsident sozusagen aufs Auge gedrückt hat, festlegen. Dies, solange die Bedingungen für die erste Phase nicht erfüllt sind: Eine wichtige Bedingung war, dass alle israelischen Geiseln, tot oder lebendig, innert 72 Stunden zurück nach Israel gebracht werden müssen. Noch fehlt aber die Leiche einer israelischen Geisel, mehr als zweieinhalb Monate nach offiziellem Inkrafttreten der Waffenruhe. Die israelische Regierung und Angehörige freigelassener oder getöteter Geiseln werfen der Hamas vor, sie hätten die Bedingungen für die Waffenruhe nicht erfüllt. Auch die Hamas wirft Israel vor, Bedingungen für die erste Phase der Waffenruhe nicht erfüllt zu haben. Unter anderem, weil noch zu wenig humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangt. Beide Seiten werfen sich zudem gegenseitige Angriffe vor.

Zwei Männer in Anzügen, einer hebt die Faust.
Legende: Erneut treffen sich US-Präsident Donald Trump und der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu zu Gesprächen. Diesmal in Trumps Residenz Mar-a-Lago in Florida. (Bild: Washington, 7.4.2025) REUTERS/Leah Millis

Die zweite Phase des US-Plans sieht die Entwaffnung der Hamas und die Einsetzung einer internationalen Stabilisierungstruppe vor. Wo stehen wir hier?

Da gibt es noch keine Entwicklung. Die zweite Phase der Waffenruhe muss erst noch im Detail ausgehandelt werden. Bis jetzt hat die Hamas keine Anzeichen in Richtung Entwaffnung gemacht. Und die radikal-islamistische Gruppierung wehrt sich auch gegen eine temporäre internationale Kontrolle des Gazastreifens. Zwar hat der UNO-Sicherheitsrat offiziell ein Mandat für eine internationale Stabilisierungstruppe erteilt und es haben bereits rund ein Dutzend Länder Interesse an einer Beteiligung geäussert – aber niemand will Truppen schicken, solange nicht beide Kriegsparteien damit einverstanden sind. Das heisst: Vorbereitungen laufen, aber wo sie hinführen, ist unklar.

Wie beeinflussen die Wahlen 2026 die Politik Netanjahus?

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Wahlen würden die Politik immer beeinflussen, so Susanne Brunner. «Der israelische Premier hat innenpolitisch noch unmittelbar grössere Probleme als die Wahlen: Die Ultraorthodoxen verlangen von ihm Garantien, dass sie – trotz Gerichtsurteil – von der Wehrpflicht ausgenommen werden und drohen mit dem Austritt und damit Sturz der Regierung. Aber andere Koalitionspartner befürchten Engpässe in der Armee und wollen keinem Gesetz zustimmen, das Zehntausende junger Männer komplett von der Dienstpflicht befreit. Netanjahu ist also in der Zwickmühle.»

Zudem sei er in diverse Skandale und Gerichtsverfahren verwickelt, und von denen versuche er abzulenken. «Krieg führen ist eine naheliegende Ablenkung, und man muss sich bewusst sein: Die Waffenruhe wollte nicht Netanjahu, sondern Trump», so Brunner.

Was erhofft sich Netanjahu vom heutigen Treffen mit Trump?

Netanjahu will sicher keinen Krach mit Trump, aber er will auch keinen halben Frieden im Gazastreifen. Netanjahu will einen neuen Nahen Osten, in dem der Iran keine Bedrohung mehr für Israel darstellt und keine Extremisten wie die Hisbollah, die Hamas oder die Huthis finanzieren kann. Ständig redet Netanjahu vom Erzfeind Iran. Ich denke, er wird Trump davon überzeugen wollen, dass Gaza weniger wichtig ist als der Iran und dass der Iran nach dem 12-Tage-Krieg im Juni wieder gefährlich aufrüsten wird.

Info 3, 29.12.2025, 17 Uhr ; 

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