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Waffenstillstand in Gaza «Trump hat grossen Druck auf Netanjahu ausgeübt»

US-Präsident Donald Trump ist gelungen, was sein Vorgänger Joe Biden nicht geschafft hat: eine Waffenruhe in Gaza. Politikwissenschaftler Steffen Hagemann erklärt, was Trump besser gemacht hat.

Steffen Hagemann

Politikwissenschaftler

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Steffen Hagemann ist Politikwissenschaftler an der RPTU Kaiserslautern-Landau. Seine Spezialgebiete umfassen unter anderem die US-Nahostpolitik und die israelische Politik.

SRF News: Was hat Trump anders gemacht als Biden?

Steffen Hagemann: Donald Trump hat in den letzten Wochen starken Druck auf den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ausgeübt, nachdem er Israel lange freie Hand gelassen hatte. Geändert hat sich Trumps Haltung nach dem Angriff auf die Verhandlungsdelegation der Hamas in Katar am 9. September.

Trump hat Netanjahu gezwungen, den 20-Punkte-Plan von Donald Trump zu unterstützen.

Trump ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass solche Aktionen Israels die Interessen der USA gefährden. Er hat Netanjahu zunächst gezwungen, sich beim Ministerpräsidenten von Katar telefonisch zu entschuldigen und dann seinen 20-Punkte-Plan zu unterstützen.

Netanjahu und Trump vor Israel- und USA-Flagge.
Legende: Israels Ministerpräsident Netanjahu besuchte US-Präsident Trump Ende September in Washington. Dabei gab Trump auch seinen 20-Punkte-Friedensplan für Gaza und den Nahen Osten bekannt. Reuters/Jonathan Ernst

Wie konnte Trump die Hamas jetzt an den Verhandlungstisch bringen?

Er hat schon in der ersten Amtszeit gute Beziehungen in die arabische Welt aufgebaut – nach Saudi-Arabien, nach Katar, in die Vereinigten Arabischen Emirate. Ausserdem kamen die sogenannten Abraham Accords dank Trump zustande.

Trump brachte Katar, Ägypten und die Türkei dazu, Druck auf die Hamas auszuüben.

Zuletzt band Trump Katar, Ägypten und die Türkei bei den Gesprächen zu Nahost ein. Sie alle sehen sich als Vermittler zwischen Israel und der Hamas. Trump brachte sie dazu, Druck auf die Hamas auszuüben, und gleichzeitig versprach er diesen Vermittlern, dass mit dem Waffenstillstandsabkommen der Krieg dann tatsächlich enden würde.

Warum ist das Trumps Vorgänger Joe Biden nicht gelungen?

Biden hat Israel nach dem Hamas-Terrorangriff vom 7. Oktober sehr stark unterstützt, auch emotional. Er reiste umgehend nach Israel und hoffte, durch diese Umarmung der israelischen Gesellschaft auf die Politik der Regierung Netanjahu Einfluss nehmen zu können. Das ist ihm aber nicht gelungen.

Biden hatte einen viel geringeren politischen Spielraum als jetzt Trump.

Auch hatte Biden einen viel geringeren politischen Spielraum als jetzt Trump – die Republikaner hätten jede Politik, die Israel unter Druck setzt, abgelehnt. Zudem waren Bidens Demokraten gespalten. Und so konnte er nur sehr wenig Druck ausüben. Diese Schwäche erkannte Netanjahu und lehnte Zugeständnisse meist ab. Aber natürlich hat sich inzwischen auch der Kontext verändert – etwa auch die innenpolitische Situation in Israel.

Ist es nach zwei Jahren Krieg nicht auch einfach Zeit für einen Waffenstillstand?

Ja. Netanjahu weiss, dass die jüngsten Angriffe auf Gaza-Stadt von der Armeeführung abgelehnt werden. Auch ist die israelische Öffentlichkeit kriegsmüde, es gibt grosse Demonstrationen, die den Premier unter Druck setzen. Zum anderen kann er das Ende dieses Krieges jetzt auch als Erfolg verkaufen: Die Geiseln kehren zurück, der amerikanische Präsident hat versprochen, dass die Hamas in Gaza nicht weiterregieren wird. Die Hisbollah und der Iran sind geschwächt.

Wir befinden uns in einer neuen Phase – auch wenn noch viele Fragen offen sind.

Trump schwebt Grosses vor: Es gehe ihm nicht nur um Gaza, sondern um einen Frieden in Nahost. Wird ihm das gelingen?

Das Waffenstillstandsabkommen ist ein sehr wichtiger erster Schritt. Und ich glaube schon, dass Trump auch persönlich garantieren möchte, dass Israel im Gazastreifen nicht wieder militärisch vorgeht, sobald die Geiseln freigekommen sind. Wir befinden uns also tatsächlich in einer neuen Phase – auch wenn noch viele Fragen offen sind. Die beiden drängendsten sind: Wer wird die internationale Verwaltung des Gazastreifens übernehmen? Und wer wird die Entwaffnung der Hamas durchführen?

Das Gespräch führte Marc Allemann.

SRF 4 News aktuell, 13.10.2025, 8:40 Uhr ; 

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