Seit Benjamin «Bibi» Netanjahu 1996 erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, ist er aus der israelischen Politik kaum wegzudenken. Keiner war länger im Amt, keiner hat einen verlässlicheren Machtinstinkt bewiesen. Weder die Anklage wegen Korruption noch der Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen konnten ihn in Bedrängnis bringen.
Nun aber hat Bibi ein Problem – es heisst Donald Trump.
Ausgerechnet der Präsident der USA hat Netanjahu mehrmals schroff zurechtgewiesen. In Trumps Team wächst der Unmut über Netanjahus rücksichtslose Aussenpolitik. Und auch in seiner Maga-Bewegung wird die Israel-Kritik lauter.
Waffen und im Ernstfall auch Truppen für Israel
Die USA waren stets Teil von Netanjahus Wahlversprechen. Als «Mr. Security» schien er Israels Sicherheit besser zu gewährleisten als seine Rivalen. Zwar bekam das Image mit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 Risse. Doch solange die USA an Israels Seite stehen, kann sich Netanjahu weiter als «Mr. Security» präsentieren.
Denn Washington liefert Israel jährlich Waffen und Munition im Wert von Milliarden von Dollar. Fachleute vermuten zudem Unterstützung für das geheime Atomwaffenarsenal. Niemand zweifelt daran, dass die USA im Ernstfall Truppen entsenden würden.
Strapazierte Narrenfreiheit Netanjahus ...
Ohne die USA wäre es Israel kaum gelungen, iranische Raketenangriffe abzuwehren. Auch im Gaza-Krieg konnte sich Netanjahu auf die US-Regierung verlassen. Als der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen ihn erliess, beschimpfte Trump den Gerichtshof und liess ihn sanktionieren.
Auch der Korruptionsprozess gegen Netanjahu störte Trump kaum: Zigarren und Champagner im Wert von über 200’000 Dollar – «wen interessiert das schon», sagte er. Und tatsächlich kosteten die Vorwürfe Netanjahu bislang nicht das Amt.
Doch in Trumps Basis gärt es. Ihr Präsident hatte «America First» und ein Ende der Kriege in Übersee versprochen. Für viele seiner Anhänger widerspricht das der Allianz mit Israel. Tucker Carlson sagt, Israel ziehe die USA in Kriege, die ihnen nichts brächten. Die Republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene wirft Israel gar Genozid vor.
... bringt Trump auf die Palme
Den grössten Ärger mit Trump handelte sich Netanjahu am 9. September ein. Er liess Luftangriffe auf einen Wohnkomplex in Katars Hauptstadt Doha fliegen, wo er Hamas-Führer vermutete – während der Verhandlungen mit der Hamas über ein Ende des Gaza-Kriegs.
Für Trump war das eine rote Linie: Katar ist langjähriger US-Verbündeter und Standort eines grossen Militärstützpunkts. Der Angriff verunsicherte weitere Partner wie die Türkei.
Trump zwang Netanjahu zu einer Entschuldigung und zu einem Waffenstillstand, obwohl sein 20-Punkte-Plan vielen israelischen Forderungen widerspricht. So soll Israel die Kontrolle über den Gazastreifen und die Hilfslieferungen verlieren.
Balanceakt zwischen Image und Ungeduld
Netanjahus Machtinstinkt steht nun auf der grössten Probe seiner Karriere. 2026 stehen Wahlen an – und er will wiedergewählt werden. Dafür muss er balancieren zwischen seinem Image als «Mr. Security» und der wachsenden Ungeduld des Verbündeten, der Israels Sicherheit in Wahrheit garantiert.