Das Problem: Die Friedhöfe innerhalb der Stadtmauern von Paris sind überfüllt und bieten kaum noch Platz für «neue» Verstorbene. Zugleich sind auf den Friedhöfen Père-Lachaise, Montmartre und Montparnasse viele alte, frei gewordene Grabstätten am Verfallen und müssten dringend gepflegt werden. Viele sind mit Moos und Unkraut überwuchert und von Umwelteinflüssen gezeichnet. Die Stadt Paris kann die Grabstätten zwar in eigenem Besitz behalten und erhalten, sie aber nur als unbebaute Grundstücke weiterverkaufen. Das Entfernen von Grabmälern ist schwierig, weil viele der Stätten unter Denkmalschutz stehen.
Der Versuch: Um auf einfacherem Weg neuen Platz zu schaffen, verlost die Pariser Stadtverwaltung nun in einem Pilotversuch erstmals je zehn Grabdenkmäler auf den drei grossen Friedhöfen, zum Preis von je 4000 Euro. Die ausgewählten Käuferinnen und Käufer erhalten damit die Möglichkeit, innerhalb der Stadtmauern begraben zu werden. Im Gegenzug müssen sie die frei gewordenen Grabmäler innerhalb einer bestimmten Frist originalgetreu restaurieren und erhalten. Für die Pflege der Grabstätten sind allgemein die Familien und nicht die Stadt verantwortlich.
Das Echo: Die Stadtverwaltung begründet die Verlosung der Grabstätten auf ihrer Website mit dem grossen Interesse der Pariserinnen und Pariser am Projekt. Viele Menschen möchten weiterhin nicht auf Friedhöfen ausserhalb der Stadtgrenzen beigesetzt werden. Aber auch in Frankreich haben sich in den letzten Jahren die Bestattungsgewohnheiten verändert. Gemäss Umfragen wolle heute mehr als die Hälfte der Pariser Bevölkerung kremiert werden, womit auch die Friedhöfe an Bedeutung verlören, sagt SRF-Korrespondentin Zoe Geissler.
Link zu: «Sauver un monument funéraire en obtenant une concession»
Die Multifunktion der Friedhöfe: Wie es nach dem Versuch mit der Verlosung weitergeht, der quasi zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen soll, ist laut Geissler noch offen. Die Stadt will in den kommenden Monaten Bilanz ziehen und sich bei gutem Ergebnis eine Ausweitung des Projekts überlegen. Die drei berühmten Friedhöfe von Paris sind die letzten Ruhestätten von vielen bekannten Persönlichkeiten und damit grosse Tourismusmagneten – mit Namen von Édith Piaf, Jim Morrison und Frédéric Chopin bis zu Honoré de Balzac und Oscar Wilde allein auf Père-Lachaise. Als Grünoasen der Grossstadt sind sie aber auch viel besuchte und schattige Erholungsgebiete für die über zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner im Zentrum der Grossstadt, deren Metropolitanregion über zwölf Millionen Menschen zählt.