- Im Krisenstaat Sudan ist Ministerpräsident Abdullah Hamdok überraschend zurückgetreten.
- Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe in dem Land am Horn von Afrika zu verhindern, nicht einhalten können, sagte er zur Erklärung.
- Vor wenigen Tagen war es im Sudan, wie auch in den Wochen zuvor, wieder zu blutigen Demonstrationen gegen die Übergangsregierung, an der das Militär beteiligt ist, gekommen.
«Ich habe beschlossen, meinen Rücktritt bekannt zu geben und Platz für andere zu machen», sagte Hamdok am späten Sonntagabend im Staatsfernsehen. Der Regierungschef war Ende Oktober bei einem Militärputsch entmachtet und erst nach Druck aus dem In- und Ausland am 21. November wieder ins Amt eingesetzt worden.
Laut einer Vereinbarung mit dem Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan durfte Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden. Al-Burhan stand jedoch als Anführer des Souveränen Rats gemeinsam mit Hamdok an der Spitze der neuen Übergangsregierung. Dem Souveränen Rat gehören auch Vertreter des Militärs an, denen schwere Menschenrechtsverstösse und Korruption vorgeworfen werden.
Erneut Tote nach Protesten
In den vergangenen Tagen waren bei Demonstrationen gegen die Beteiligung des Militärs an der Übergangsregierung nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte erneut Menschen von Sicherheitskräften getötet worden. Die Protestler forderten immer wieder eine Machtübergabe des Militärs an eine zivile Regierung. Sie warfen Hamdok Verrat vor.
Der Rücktritt Hamdoks versetzt den Sudan in ein politisches Vakuum. Es blieb am Sonntagabend unklar, ob ein ziviler Politiker oder ein Militärvertreter Hamdoks Posten übernehmen wird.
Demokratische Wahlen geplant
Laut dem ARD-Korrespondenten Tilo Spanhel in Kairo sind die Menschen in den letzten Monaten und Tagen auf die Strasse gegangen, weil sie Angst um ihre Revolution hatten. Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir mit harter Hand regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben.
Die zentrale Forderung der Revolution war, dass das Militär wegmüsse. «Die Menschen wollten, dass es eine demokratische und freie Wahl und von ihnen bestimmte Regierung gibt», erläutert Spanhel. Doch dieses konnte sich retten: Das Militär und die zivile Opposition einigten sich auf eine Übergangsregierung, die den Weg zu demokratischen Wahlen 2022 ebnen sollte.
Zudem waren umfangreiche Wirtschaftsreformen geplant, durch die das Militär erhebliche ökonomische Verluste hätte hinnehmen müssen. Das Militär war auch gegen die von Hamdok vorangetriebene Aufarbeitung von Menschenrechtsverstössen.
Der Internationale Währungsfonds IWF hätte eigentlich massiv Schulden erlassen sollen. Doch mit dem Militär an der Macht wisse man nicht, wie es weiter geht, so der ARD-Korrespondent. «Es hätte ganz dringend Geld gebraucht, weil es ein hohes Mass an Armut im Land gibt. Und weil die Hungerkrisen immer häufiger werden.»