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Ueli Maurer in Peking «Um die Seidenstrasse ist ein Hype entstanden»

Die neue Seidenstrasse: Ein gigantisches Projekt, an welchem auch die Schweiz teilhaben möchte. Aus diesem Grund wird Bundespräsident Ueli Maurer in Peking an einem Forum teilnehmen und eine Absichtserklärung unterschreiben. Ziel ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit China bei Handel, Investitionen und Projektfinanzierung in Drittländern, die an der Seidenstrasse liegen. Für den Ökonomen Patrick Ziltener ist für die Schweiz beim Projekt durchaus was zu holen.

Patrick Ziltener

Soziologieprofessor

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Er ist Professor an der Universität Zürich. Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind in den Bereichen Wirtschafts-, Politische und Entwicklungssoziologie, Globalisierung/Transnationalisierung und Soziologie der Weltgesellschaft.

SRF News: Sind die hohen Erwartungen an das Projekt gerechtfertigt?

Patrick Ziltener: Es ist ein Hype entstanden und man erwartet viel, obwohl man wenig weiss. Es kursieren unglaubliche Beträge, die investiert werden sollen. Nachgewiesen sind bis jetzt realisierte Projekte im Wert von 70 Milliarden US-Dollar, ohne diejenigen, die in Bau oder in Planung sind. Weniger als angekündigt. Es wird auch immer wieder Rückschläge geben, damit rechnen die Chinesen. Aber das ganze Projekt wird nicht aufzuhalten sein und es wird die Welt verändern.

Einer der Bereiche, von denen sich die Schweiz besondere wirtschaftliche Impulse erhofft, ist der Ausbau der Infrastruktur. Macht sich die Schweiz nicht Illusionen?

Ja das stimmt. Es gibt Schätzungen, dass etwa 90 Prozent des Volumens an chinesische Unternehmen und hauptsächlich Staatsunternehmen gehen. Das wird von vielen Forschern bestätigt.

Maurer will sicherstellen, dass sich beispielsweise Schweizer Banken oder Versicherungen am Projekt beteiligen können.

Es gibt aber Bereiche, zum Beispiel im Energiesektor, wo ABB bei einem Wasserkraftwerk sehr wohl auch an Aufträge kommen könnte; vor allem dort, wo man Präzisiontechnologie hat, über die die Chinesen selber noch nicht verfügen.

Rund 600 Schweizer Firmen sind in China aktiv. Wer wird von der Seidenstrasse-Initiative profitieren?

Grosse Unternehmen mit Infrastrukturprojekten werden profitieren, auch im Transport- oder im Energiebereich wird es Profiteure geben.

Schweizer Unternehmen werden auf der Basis eines Freihandelsabkommens privilegiert behandelt und haben guten Zugang zum chinesischen Markt.

Wichtig ist die Finanzierung und das ist die Hauptmotivation für Bundesrat Maurer, um nach China zu reisen. Er will sicherstellen, dass sich beispielsweise Schweizer Banken oder Versicherungen am Projekt beteiligen können.

Für die Schweiz ist China nach der EU und den USA der drittwichtigste Handelspartner. Wie wichtig ist die Schweiz im Gegenzug für China?

Vom Grössenverhältnis spricht wenig dafür. Es gibt aber einige Bereiche, wo Schweizer Unternehmen Weltspitze sind, hier liegt auch ein Grund für das Interesse Chinas. Schweizer Unternehmen werden auf der Basis eines Freihandelsabkommens privilegiert behandelt und haben guten Zugang zum chinesischen Markt.

Die Chinesen machen das Gegenteil von Donald Trump: Dort wo sie wollen, dass chinesische Unternehmen fitter werden, lockern sie die Zügel und ermöglichen der ausländischen Konkurrenz eine bevorzugte Stellung. Durch diesen Mechanismus profitieren die einheimischen Unternehmen.

Ist diese privilegierte Stellung der Schweiz ein Grund dafür, dass man im Umgang mit China häufig zurückhaltend agiert, etwa bei heiklen Themen wie Menschenrechten?

Es gibt einen bilateralen Menschenrechtsdialog, welcher im Zusammenhang mit dem bilateralen Freihandelsabkommen entstanden ist. Die Schweiz hat eine interessante Position, weil sie nicht bedrohlich ist und weil sie nicht eine aggressive Aussenpolitik vertritt. Sie hat ein traditionell freundschaftliches Verhältnis zu China. Die Chinesen hören zu und das ist eine besondere Chance für die Schweiz.

Das Gespräch führte Barbara Büttner.

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