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Schweizer Delegation in China «Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen»

Bundespräsident Ueli Maurer weilt derzeit mit einer Wirtschaftsdelegation in China. Ende Woche findet in Peking das zweite Gipfeltreffen zur Neuen Seidenstrasse statt. Mit ihr will China die Infrastruktur für den Aussenhandel aufrüsten. Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch erklärt, was sich die Schweiz vom Mega-Projekt und der China-Reise generell verspricht.

Rudolf Minsch

Chefökonom Economiesuisse

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Der promovierte Volkswirt und Gastprofessor an der FHGR in Chur ist seit 2007 Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse.

SRF News: Was erhoffen sich die Vertreter der Wirtschaft vom Aufenthalt in China?

Rudolf Minsch: Die Beziehungen sollen verbessert werden – auch wenn sie bereits gut sind. Dafür ist es wichtig, dass man sich in regelmässigen Abständen trifft. Zudem gibt es punktuell Probleme: Fragen zu Freihandel und Marktzugang können beim Treffen mit den zuständigen Ministerien angesprochen werden. Wir hoffen, dass dies dazu führen wird, dass der Marktzugang für Schweizer Unternehmen verbessert wird.

Wo klemmt es konkret beim Marktzugang?

Die Zulassung von Produkten ist das grösste Problem. Wir haben seit 2014 ein Freihandelsabkommen, durch das die meisten Waren zollfrei nach China exportiert werden können. Wir stellen aber immer wieder fest, dass verschiedene Ministerien bei der Produktezulassung nicht immer die gleichen Spiesse anwenden. Zuletzt hat sich etwa die Deklarationspflicht für Käse geändert. Entsprechend haben Schweizer Käselieferanten Schwierigkeiten nach China zu exportieren.

Für die Schweizer Wirtschaft bietet das Seidenstrassen-Projekt grosse Möglichkeiten.

Zudem sind beim Freihandelsabkommen immer noch gewisse Tarif-Positionen gesperrt. Deswegen kann die Schweiz gewisse Waren immer noch nicht zollfrei nach China exportieren. Wir erhoffen uns von den Verhandlungen, dass der gesamte Industriebereich möglichst zollbefreit nach China exportiert werden kann. In den letzten Jahren war die Entwicklung aber gut. China öffnet vermehrt die Märkte und gewährt ausländischen Firmen besseren Zugang.

Bundesrat Maurer will vor Ort ein Memorandum of Understanding (deutsch: Absichtserklärung) zu Chinas Neuer Seidenstrasse unterschreiben. Was versprechen Sie sich davon?

Ein solches Memorandum ist relativ unverbindlich. Aber es zeugt davon, dass beide Parteien enger zusammenarbeiten wollen. Für die Schweizer Wirtschaft bietet das Seidenstrassen-Projekt grosse Möglichkeiten. Jetzt geht es vor allem um den Ausbau der Infrastruktur. Einige Schweizer Firmen sind prädestiniert, Teil der Wertschöpfungskette zu sein.

Probleme werden diskutiert. Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen.

Noch wichtiger wird sein, dass das Projekt gewisse Märkte besser in den internationalen Welthandel integrieren wird. Dort wird die Nachfrage steigen. Die Voraussetzung dafür ist, dass diese Märkte unsere Produkte verstärkt kaufen können. Für unsere hochqualitativen Produkte ist ein gewisses Wohlstandsniveau erforderlich. Ich glaube, dass das Projekt diese Märkte langfristig zu mehr Wohlstand führen und damit für die Schweizer Exportindustrie interessanter machen wird.

Menschenrechtsverletzungen lösen immer wieder grosse Kritik an China aus. Werden Bundesrat Maurer und die Wirtschaftsdelegation generell das Thema ansprechen?

Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich die Gesprächsnotizen von Herrn Maurer nicht gesehen habe. Vonseiten der Wirtschaft ist klar, dass politische Themen an solchen Sitzungen nicht aufgegriffen werden. Es werden konkrete Fälle diskutiert, die unmittelbar die Unternehmen betreffen, etwa Enteignungen westlicher Unternehmen. Solche Probleme werden sehr wohl diskutiert – auch kritisch. Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen.

Das Gespräch führte Dario Pelosi.

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