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Ukraine-Konflikt Separatisten in der Ostukraine rufen zur Flucht nach Russland auf

  • Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben Zivilisten zur Flucht in das Nachbarland Russland aufgefordert.
  • Angesichts der befürchteten Eskalation in der Ukraine-Krise haben sich die USA bei einer Telefon-Konferenz mit den Spitzen von sieben weiteren Staaten ausgetauscht.
  • Russlands Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben den Abzug von Truppen nach Ende von Manövern fortgesetzt. Die USA sehen dafür keine Belege.

Zuerst sollten «Frauen, Kinder und ältere Leute» in Sicherheit gebracht werden, sagte der Chef der Donezker Separatisten, Denis Puschilin, in einer Ansprache. Die Separatisten warfen dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski vor, er wolle «in nächster Zeit» eine Offensive starten.

Kiew hat wiederholt Angriffsvorbereitungen zurückgewiesen. Die ukrainische Armee wies Vorwürfe der Aufständischen strikt zurück, dass Soldaten Siedlungen beschiessen würden. Am Donnerstag hatte eine massive Zunahme von Schusswechseln zwischen Separatisten und Regierungseinheiten international für Beunruhigung gesorgt. Auch am Freitag wurde von Gefechten berichtet.

Die prorussischen Separatisten haben nach eigenen Angaben damit begonnen, Zivilistinnen und Zivilisten aus den umkämpften Gebieten zu bringen. Die US-Regierung bezeichnete die Evakuierungsaufforderung von Zivilisten aus der Ostukraine nach Russland als «zynisches Manöver». Es sei ein weiterer Versuch, um durch Lügen und Desinformation zu verschleiern, dass Russland der Aggressor in dem Konflikt sei, so ein Sprecher der US-Regierung.

Einschätzung von SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky in Kiew

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«Die Menschen in der Ukraine fühlen sich zunehmend in einer unsicheren Lage im eigenen Land», so Luzia Tschirky, SRF-Korrespondentin in Kiew. «Die neusten Entwicklungen, gerade im Osten des Landes, in den Gebieten Donezk und Luhansk, die kontrolliert werden von Russland-unterstützten Separatisten, bereiten aktuell grosse Sorgen. Die Oberhäupter dieser sogenannten Separatistengebiete haben heute erklärt, sie würden eine grosse Zahl der Menschen aus den Städten nach Russland evakuieren wollen. Gleichzeitig steigt die Anzahl der anwesenden russischen Kriegsreporter vor Ort. Das gibt doch erhöhten Grund zur Sorge und die Menschen in der Ukraine befürchten, es könnte in den nächsten Tagen zu einer Eskalation des Konflikts kommen.»

Telefon-Konferenz von Biden und Partnern

Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden und weitere Regierungschefs westlicher Staaten haben Russland im Ukraine-Konflikt aufgefordert, «ein dringend notwendiges Signal der Deeskalation zu geben». In dieser Erwartung an Moskau habe bei einer Telefon-Konferenz von Scholz, Biden und weiteren europäischen und transatlantischen Partnern Einigkeit bestanden, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Alle seien sich einig gewesen, dass die Gefahr eines russischen Angriffs auf die Ukraine sehr real sei. Zentrale Aufgabe sei jetzt, das Fenster für die Diplomatie offenzuhalten.

Die US-Regierung sieht weiter eine hohe Gefahr einer militärischen Eskalation durch Russland in der Ukraine-Krise. Blinken sagte bei der Münchner Sicherheitskonferenz, auch wenn die US-Regierung mit ihren Partnern alles Denkbare für eine diplomatische Lösung tue, sei man «zutiefst besorgt, dass dies nicht der Weg ist, den Russland eingeschlagen hat». Alles, was derzeit zu beobachten sei, sei «Teil eines Szenarios, das bereits im Gange ist: nämlich falsche Provokationen zu schaffen, dann auf diese Provokationen reagieren zu müssen und schliesslich eine neue Aggression gegen die Ukraine zu begehen».

USA: Keine Belege für Truppenabzug

Russlands Verteidigungsministerium setzte nach eigenen Angaben den Abzug von Truppen nach Ende von Manövern fort. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin weist diese Darstellungen allerdings zurück. Es gebe keine Belege dafür, dass Präsident Wladimir Putin seine Streitkräfte von den Grenzen abziehe, sagt Austin bei einem Besuch in Polen.

US-Schätzung: bis zu 190'000 Militärangehörige im Einsatz

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Die USA schätzen, dass Russland in und nahe der Ukraine möglicherweise bis zu 190'000 Militärangehörige im Einsatz hat. Mindestens seien es 169'000, sagt der US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Michael Carpenter. Ende Januar seien es noch rund 100'000 gewesen. «Das ist die bedeutendste Militärmobilisierung in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs.» Carpenter äussert sich bei OSZE-Beratungen zur Ukraine-Krise, an denen Russland nicht teilnimmt.

Russland kündigte für Samstag ein Manöver mit Einsatz ballistischer Raketen an. Die Übung stehe unter Führung des Präsidenten Wladimir Putin, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau der Staatsagentur Tass zufolge mit. Ziel sei, die Zuverlässigkeit der strategischen Nuklearwaffen zu testen. Die Armee will demnach ballistische Raketen und Marschflugkörper abfeuern. Dem russischen Präsidialamt zufolge stehen die Übungen nicht in Zusammenhang mit der Ukraine-Krise, sondern gehören zum regulären Trainingsprogramm des Militärs.

SRF 4 News, 17.02.2022, 21:00 Uhr ; 

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