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Ukraine-Treffen in den USA Warum Europa diplomatisch aufs Ganze geht

US-Präsident Donald Trump hat versichert, dass es keine Lösung für den Ukraine-Krieg gegen den Willen des Landes geben werde. Er wolle die Ukraine weiter unterstützen, sagte Trump beim Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski und europäischen Spitzenpolitikern im Weissen Haus in Washington. Doch Europa scheint verunsichert. Der internationale Korrespondent Sebastian Ramspeck ordnet ein.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Hier finden Sie weitere Artikel von Sebastian Ramspeck und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Europa wirft diplomatisch gesehen alles in die Waagschale. Ist das ein Zeichen dafür, wie besorgt man nach dem «kumpelhaften» Treffen zwischen Trump und Putin ist?

Sebastian Ramspeck: Es ist ein Zeichen dafür, wie tief besorgt man in Europa ist und wie betroffen man sich auch buchstäblich fühlt. Ein Beispiel dafür: Finnland hat seinen Präsidenten Alexander Stubb geschickt. Finnland ist ein Land, in dem es viele Ängste gibt, dass Kremlchef Wladimir Putin sich durch eine Teilkapitulation, also einen für die Ukraine schlechten Deal, nicht besänftigen liesse.

Man befürchtet, dass Putin im Gegenteil eher angespornt wäre, vielleicht irgendwann eine weitere militärische Operation gegen ein anderes Land, das einmal unter russischer Kontrolle stand, zum Beispiel gegen Litauen in der Nähe zu Finnland, zu lancieren. Länder wie Finnland fühlen sich direkt bedroht. Da trifft es sich gut, dass der finnische Präsident ein Golffreund von US-Präsident Donald Trump ist und nun versucht, sich bei den Verhandlungen in Washington einzubringen.

Auf dem Tisch liegen offenbar auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Stil der Nato, aber keine Mitgliedschaft im Bündnis. Ist das aus russischer Sicht nicht im Kern dasselbe?

Im Kern ist es dasselbe. Wenn europäische Staaten und die USA sagen, «wir werden in Zukunft sicher garantieren, dass die Ukraine nicht wieder angegriffen werden kann, weil es einen Friedensvertrag gegeben hat» und dann vielleicht auch Truppen stationieren in der Ukraine: Dann kann man das Nato nennen oder nicht – es läuft letztlich auf dasselbe hinaus. Russland hat am Montag wieder betont, westliche Truppen in der Ukraine werde man auf keinen Fall akzeptieren.

Die Sicherheitsgarantie von 1994 hat Putin nicht davon abgehalten, die Ukraine zu überfallen.

Es gibt die Möglichkeit, dass man sich am Schluss einigt auf eine Sicherheitsgarantie «light», einen solchen Vorschlag gab es schon einmal. Dass man zum Beispiel sagt, der UNO-Sicherheitsrat hätte da noch etwas mitzureden. Da hat aber Russland ein Vetorecht, das wäre dann wertlos. Zudem gab es 1994 schon einmal eine solche Sicherheitsgarantie, die vereinbart wurde. Diese Sicherheitsgarantie hat Putin aber nicht davon abgehalten, die Ukraine zu überfallen.

Selenski, Trump und Macron stehen vor Länderfahnen.
Legende: Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (links) zu Besuch bei Freunden? Beim französischen Amtskollegen Emmanuel Macron (rechts) dürfte das stimmen, im Falle von US-Präsident Donald Trump kann man sich nicht sicher sein. REUTERS/Alexander Drago

Trump meinte, der Ball liege nun auf Seiten der Ukraine. Welche Optionen hat das Land überhaupt noch?

Die Ukraine muss nichts zustimmen, was Donald Trump oder Wladimir Putin für sie auf den Tisch legen. Die Ukraine kann – das ist ein mögliches Szenario – sagen, es gibt zwar einen Vorschlag von Trump und Putin, eine Teilkapitulation, aber wir kämpfen weiter. Doch dann hat sie zwei Probleme.

Das eine Problem ist, dass die USA dann die Ukraine nicht mehr militärisch unterstützen würden und die Europäer nicht in der Lage wären, diese militärische Unterstützung, auch Geheimdienst­informationen, zu kompensieren. Das Problem Nummer Zwei folgt daraus: Die Ukraine hätte am Ende möglicherweise noch mehr Territorien, die sie abgeben müsste, weil Russland militärisch erfolgreich wäre oder müsste am Ende vielleicht sogar ganz kapitulieren. Die Ukraine ist somit in der Tat in einer misslichen Lage.

Das Gespräch führte Arthur Honegger.

10vor10, 18.08.2025, 21:50 Uhr ; 

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