Putin und Trump sprechen in Alaska über die amerikanisch-russischen Beziehungen, die Sicherheit Europas und die Zukunft der Ukraine. Warum Putin auf eine neue Welteinteilung hofft und wie gefährlich es wird, wenn sich zwei auf die Sprache der Macht berufen, erklärt die Historikerin Susanne Schattenberg.
SRF News: Die Ukraine sowie europäische Staaten sind beim Treffen nicht dabei. Kommt Putin das entgegen?
Susanne Schattenberg: Das kommt ihm sicher entgegen, weil für ihn die Ukraine gar kein eigener Staat ist, sondern eigentlich nur ein Teil Russlands, der auf unerhörte Weise freigelassen wurde. Dass Gorbatschow 1991 die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine akzeptiert hat, war für ihn ein historischer Fehler. Putin möchte eindeutig zur Grossmacht zurück.
Das soll nicht das politische System der Sowjetunion sein, aber vorschweben tut ihm vermutlich etwas in dieser Grösse. Er hat das vor 20 Jahren bereits formuliert, als er sagte, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion die grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts war. Damit trauert er nicht nur dem Grossmachtstatus nach aussen nach, sondern auch dem innenpolitischen Verbund von diesen 15 heute souveränen Staaten.
Man liest immer wieder, Putin wolle ein neues Jalta. Was ist damit gemeint?
Er hat sich als grosser Fan der Konferenz von Jalta 1945 gezeigt, wo nach landläufiger Meinung nicht nur die Aufteilung Europas, sondern eigentlich der Welt in «Interessensphären» besiegelt wurde. Zwischen der Sowjetunion und den Westalliierten, dem amerikanischen Präsidenten und dem britischen Premier.
Putin hat ein sehr martialisches Bild von sich.
Putin spricht immer wieder von Jalta, seit dem 70. Jahrestag 2015. Auch dieses Jahr zum 80. Jahrestag hat er gesagt: Man brauche ein neues Jalta, wo die Grossmächte sich von ihren ideologischen Unterschieden frei machen und die Welt untereinander aufteilen, um damit zu einem dauerhaften Frieden beizutragen. Er sagt auch, dass dieses Jahr ein neues Jalta in greifbare Nähe gerückt ist. In dem Moment, als Trump zum neuen Präsidenten gewählt wurde.
Wie passt die Idee von starken Anführern, die den Lauf der Welt unter sich ausmachen, zum Selbstverständnis von Putin?
Er hat ein sehr martialisches Bild von sich. Zum einen ist er gelernter KGB-Mann, für den Gewalt, Drohung und totale Kontrolle als Methoden einsetzbar sind. Zum anderen setzt er sich im Inland als martialischer Macho in Szene. Es ist eindeutig eine Sprache der Macht und des Dominierens.
Interessant ist, dass er sich gern an Peter dem Grossen orientiert, der damals die Grossmacht Schweden besiegt hat, sich selbst zur europäischen Grossmacht gemacht hat und mit dem eine neue Zeitrechnung in Russland angebrochen ist. Er sieht sich in dieser Tradition oder würde gern dieses Vermächtnis übernehmen.
Diese Sprache der Macht und die autoritären Tendenzen, die US-Präsident Trump an den Tag legt, passen eigentlich gut zusammen?
Das ist auch die grosse Gefahr, dass sich die beiden auf einer menschlichen, männlichen Ebene eigentlich sehr ähnlich sind. Dass sie beide Wert legen auf Dominanz, auf Machtausübung und sich selbst zugutehalten, alles restlos regeln zu können.
Dass die beiden menschlich zueinanderfinden, halte ich letztlich für eine grosse Gefahr. Ich denke, Putin wird alles tun, um diese Klaviatur zu bedienen und Trump zu schmeicheln. Ihm zu verstehen zu geben, dass sie doch eigentlich aus dem gleichen Holz geschnitzt sind und wenn sie nur wollen, zu zweit alle Probleme der Welt lösen können.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.