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Deal-Maker Trump «Trump ist sehr berechenbar – er geht immer gleich vor»

Donald Trump sieht sich als grossen Deal-Maker. Und tatsächlich hat er jetzt auch mit der EU einen Handelsvertrag vereinbart, der den USA zum Vorteil gereicht. Der Verhandlungsexperte Matthias Schranner erklärt die Verhandlungsstrategie Trumps.

Matthias Schranner

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Matthias Schranner ist spezialisiert auf das Führen von sehr schwierigen Verhandlungen. Früher war er Verhandlungsführer bei der Polizei. Inzwischen arbeitet er in einem auf Verhandlungen spezialisierten Institut in Zürich.

SRF News: Wie geht Donald Trump bei seinen Verhandlungen typischerweise vor?

Matthias Schranner: Wichtig ist: Trump eröffnet die Verhandlungen. Schon allein damit ist er im Vorteil und meist dominiert die eröffnende Seite den gesamten Verhandlungsprozess. Trump startet mit einer irrational hohen Forderung. Darauf kann die Gegenseite nur noch reagieren, sie kann nicht mehr agieren.

Wenn die Gegenseite schnell einen Kompromiss anbietet – dann baut Trump noch mehr Druck auf.

Trump arbeitet also mit Drohungen. Was bezweckt er damit?

Es geht um Macht, um das Signal der Macht. Trump zeigt damit, dass er in einer sehr mächtigen Position ist. Zumindest tut er so, als ob er in einer sehr mächtigen Position ist. So testet er die Gegenseite und schaut, wie sie reagiert. Und wenn sie beispielsweise sehr schnell einen Kompromiss anbietet, dann weiss Trump, dass seine Strategie funktioniert – und er baut noch mehr Druck auf.

Rot ist die Farbe der Macht

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Person von hinten mit roter Krawatte.
Legende: Keystone/Carolyn Kaster

Verhandlungsexperte Matthias Schranner sagt auch: «Macht funktioniert über Signale. Ein Signal der Macht ist zum Beispiel, dass man die Farbe Rot trägt: Trumps Mütze, seine Krawatte. Aber auch Trumps Auftreten, seine harten Forderungen, das Androhen von sofortigen Konsequenzen, das Setzen einer engen Deadline – all das sind Signale der Macht. Aber Macht funktioniert ja nur, wenn die Gegenseite die Macht anerkennt und selber Signale sendet, dass sie schwach sind. Und deshalb wäre es so enorm wichtig, dass man ebenfalls mit Machtsignalen gegen Trumps Forderungen angeht.»

Trump verbindet seine maximal hohen Forderungen und Drohungen mit einer Deadline. Welche Funktion hat diese?

Wer eine Deadline setzt, kann sie auch wieder auflösen oder verschieben. Genau das macht Trump ja. Mit einer sehr kurzen Deadline zwingt Trump die Gegenseite zu einer Reaktion. Meist nimmt er dann die Drohung nicht vom Tisch, sondern er verschiebt sie nur. So hat er immer wieder die Möglichkeit, sie erneut auf den Tisch zurückzubringen. Verhandlungstechnisch gesehen ist das wirklich gut.

Ist ein Vorteil dieser Strategie ihre Unberechenbarkeit?

Trump ist überhaupt nicht unberechenbar – im Gegenteil: Er ist sehr berechenbar, denn er geht immer gleich vor. Und deshalb ist er auch limitiert in dem, was er macht. Er hat nicht sehr viele andere Möglichkeiten, die er nutzen kann.

Trump erreicht mit seiner Methode ja seine Ziele – das Einzige, das in der Verhandlungen zählt.


Trumps chaotisch wirkendes Vorgehen ist also blosses Kalkül?

Es ist Kalkül – und es ist ein sehr gutes Kalkül. In den USA ist es ganz normal, die Verhandlungen ein bisschen zu «spielen» – also mal hoch hineinzugehen, dann wieder ein bisschen herunterzugehen, um dann wieder Drohungen mit einzubringen, neue Forderungen zu stellen. Wir finden das unseriös und es erscheint uns unberechenbar. Aber verhandlungstechnisch gesehen ist es sehr gut, denn Trump erreicht so ja seine Ziele. Und das ist in der Verhandlung das Einzige, das zählt.

Trump will nicht geliebt werden – er will respektiert werden

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Person spricht vor amerikanischer Flagge.
Legende: Keystone/EPA/TOLGA AKMEN / POOL

Verhandlungsexperte Matthias Schranner sagt auch: «Trump will nicht geliebt werden. Er will respektiert werden für das, was er tut. Und das ist ein riesengrosser Unterschied. Manche Leute wollen immer geliebt werden – diese Menschen machen dann oft auch Zugeständnisse, damit man sie liebt. Doch Trump ist das völlig egal.»

Der Deal mit der EU wurde quasi zwischen zwei Golfpartien Trumps unterzeichnet. Was zeigt er damit?

Es ist ein Plan, eine Inszenierung. Trump geht quasi mal kurz vom Platz und unterzeichnet diesen Deal mit der EU – und geht dann wieder zurück zum Golfspielen. Trump nutzt die Öffentlichkeit für seine Inszenierung. Und verhandlungstechnisch gesehen macht er das gut: Schliesslich ist er in seinem Heimatland jetzt der grosse Gewinner.

Die EU hätte gegen die amerikanischen IT-Giganten vorgehen müssen – so hätte man Trump unter Umständen in seinen Forderungen einschränken können.

Was hätte die EU tun können, um einen besseren Deal zu erhalten?

Für die EU ist die grösste Herausforderung, alle 27 Länder auf einer Linie zu halten und mit einer geeinten Stimme zu sprechen. Aber es wäre wichtig gewesen, dass sie bei Trumps Zollandrohung sofort dagegen vorgegangen wäre – und zwar nicht mit Worten und mit angedrohten Zöllen auf Töffs oder Whiskey. Man hätte gegen die amerikanischen IT-Giganten vorgehen müssen – gegen Microsoft, Apple oder Amazon. So hätte man signalisiert, dass es gegen die US-Unternehmen in Europa Restriktionen gibt – und so hätte man Trump unter Umständen in seinen Forderungen einschränken können.

Das Gespräch führte Romana Kayser.

Podcast «News Plus»

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Podcast Newsplus, 28.7.2025, 10:15 Uhr ; 

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