Mit überwältigender Mehrheit hat das kambodschanische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung erlaubt, Kambodschanerinnen und Kambodschanern die Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Wer der Kollaboration mit «ausländischen Mächten» oder Handlungen «gegen die nationale Sicherheit» verdächtigt wird, kann künftig ausgebürgert werden. Die Absegnung des Senats und des Königs gilt als Formsache.
Machtinstrument in Zeiten wachsender Spannungen
Die Regierung rechtfertigt das Gesetz unter anderem mit der aktuellen geopolitischen Lage. Innenminister Sar Sokha verwies auf die Grenzkonflikte mit Thailand und sprach von einer «Bedrohung der nationalen Einheit». Eine kleine Gruppe von Landsleuten schade dem Land «direkt oder indirekt» – solche Personen sollten «nicht länger als Kambodschaner gelten».
Premierminister Hun Manet, Sohn des langjährigen Machthabers Hun Sen, beschwichtigte: Andere Staaten hätten ähnliche Regelungen. Wer ein Patriot sei, habe nichts zu befürchten.
NGOs warnen vor Missbrauch
50 kambodschanische NGOs warnen in einer gemeinsamen Erklärung, das Gesetz sei vage formuliert und könne katastrophale Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit haben. Die Drohung, Menschen die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wird noch mehr Kambodschanerinnen und Kambodschaner davon abhalten, die Regierung offen zu kritisieren.
Viele Oppositionspolitikerinnen und -politiker sind bereits ins Ausland geflohen. Doch selbst dort sind sie nicht sicher: Anfang dieses Jahres wurde der ehemalige Oppositionsabgeordnete Lim Kimya in Bangkok am helllichten Tag erschossen – ein Fall, der bis heute ungeklärt ist.
Im Inland existiert kaum noch organisierte Opposition. Die Candle Light Party, letzte verbliebene Herausforderin der Regierungspartei CPP, wurde vor den letzten Wahlen ausgeschlossen und später ganz verboten.
Hun-Clan sitzt fest im Sattel
Obwohl Hun Sen im vergangenen Jahr nach Jahrzehnten als Premierminister zurückgetreten ist, kontrolliert er über seinen Sohn Hun Manet und die Cambodian People’s Party weiterhin die zentralen Hebel der Macht. Familienmitglieder und Vertraute besetzen Schlüsselpositionen in Politik und Wirtschaft; auch die wichtigsten Industrien sind direkt oder indirekt mit dem Clan verflochten.
Im Korruptionsranking von Transparency International rangiert Kambodscha auf Platz 158 – hinter Russland und gleich auf mit Staaten wie dem Tschad oder Zimbabwe.