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Umstrittene Abschiebepraxis Britisches Parlament genehmigt Gesetz zu Ruanda-Asylpakt

  • Nach wochenlangen Diskussionen hat der britische Premierminister Rishi Sunak ein Gesetz zum umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht.
  • Das Abkommen mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Grossbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen.
  • In dem Gesetz wird Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt. Damit wird ein Urteil des obersten Gerichts in Grossbritannien umgangen.

Das oberste Gericht in Grossbritannien hatte den Asylpakt im November für rechtswidrig erklärt und mit Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit in Ruanda begründet. Kritiker werfen dem ostafrikanischen Land Menschenrechtsverletzungen vor. Mit dem Gesetz will die Regierung künftig Einsprüche vor britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern.

Das Oberhaus – das House of Lords – als zweite Parlamentskammer hatte mehrmals Änderungsanträge beschlossen, die dann in einem zeitaufwendigen Verfahren vom Unterhaus rückgängig gemacht wurden.

Schliesslich gab das House of Lords seinen Widerstand auf. Damit kann der Gesetzentwurf mit der Unterschrift von König Charles III. in Kraft gesetzt werden.

Fünf Menschen im Ärmelkanal gestorben

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Nur Stunden, nachdem Grossbritannien das Gesetz zur Abschiebung von Migranten verabschiedet hat, sind laut französischen Medien mindestens fünf Menschen bei der Überquerung des Ärmelkanals ums Leben gekommen. Laut der Zeitung «Voix du Nord» wurden die Leichen am Dienstag am Strand von Wimereaux in Nordfrankreich entdeckt.

Erster Flug in einigen Wochen

Irregulär eingereiste Migranten sollen ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Grossbritannien ist nicht vorgesehen.

Mit der Regelung sollen Menschen von der Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal und der Migration nach Grossbritannien abgehalten werden. Ruanda bekommt im Gegenzug Geld aus London.

Was das oberste Gericht rügte

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Das Gericht machte deutlich, dass es Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet und monierte, es sei nicht sichergestellt, dass die Menschen dort ein faires Asylverfahren erhalten. Dabei berief sich der Supreme Court auf Berichte des UNO-Flüchtlingshilfswerks und frühere britische Angaben über aussergerichtliche Hinrichtungen, Todesfälle in Haft sowie Folter und eine hohe Ablehnung von Asylanträgen aus Konfliktgebieten wie Syrien.

Das erste Flugzeug solle in zehn bis zwölf Wochen abheben, kündigte Premierminister Sunak an. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für den Frühling angekündigt.

EGMR künftig ignorieren

Sunak kündigte an, einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR gegen den Asylpakt mit Ruanda zu ignorieren. Zugleich betonte er, sein Vorgehen stehe nicht im Konflikt mit internationalem Recht.

Für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten.

Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom EGMR in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Grossbritannien den Asylpakt für rechtswidrig.

10vor10, 22.04.2024, 21:50 Uhr ; 

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