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UNO-Menschenrechtsrat Botschafter Jürg Lauber: «Wir dürfen uns keine Illusionen machen»

Zum ersten Mal hat 2025 ein Schweizer den UNO-Menschenrechtsrat präsidiert, Botschafter Jürg Lauber. Dies zu einer Zeit, da weltweit die Menschenrechte gewaltig unter Druck stehen und das wichtigste internationale Organ auf diesem Feld, der Menschenrechtsrat, von mehreren Seiten attackiert wird. Im Gespräch mit SRF News blickt Lauber auf sein Präsidialjahr zurück.

Jürg Lauber

Schweizer Diplomat

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Jürg Lauber, Jahrgang 1963, ist einer der international bekanntesten Schweizer Diplomaten. Er engagierte sich zunächst in Friedensmissionen und war dann Kabinettschef des Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs ICC. Im Aussenministerium in Bern leitete er, nach mehreren Aussenposten, die UNO-Abteilung. Danach vertrat der die Schweiz als Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf, später am UNO-Hauptsitz in New York und hernach erneut in Genf.

Im Auftrag der Vereinten Nationen führte er, zusammen mit seinem mexikanischen Amtskollegen, die Verhandlungen über den UNO-Migrationspakt, der in der Schweiz selber bis heute umstritten ist. 2025 war Lauber Präsident des UNO-Menschenrechtsrats in Genf. Im kommenden Frühjahr wechselt er zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK und wird dessen Vizepräsident.

SRF News: Sie waren nun ein Jahr Präsident des UNO-Menschenrechtsrates. War es ein schwieriges Jahr?

Jürg Lauber: Ja, es war ein sehr schwieriges Jahr. Die politische Landschaft war schwierig. Auch die Finanzprobleme der UNO haben sich stark auf den Menschenrechtsrat ausgewirkt.

Gab es dennoch für Sie erfreuliche Momente? Entscheidungen, wo der Menschenrechtsrat etwas erreicht hat?

Ja, immer wieder. Ich war häufig ermutigt, wenn ich erlebte, wie Gruppierungen oder Einzelpersonen in den Menschenrechtsrat kamen und hier eine Stimme fanden, Gehör fanden. Sie stellten fest, dass sie Unterstützung bekamen und nicht ganz allein kämpften. Das hat mich gefreut und ermutigt.

Menschenrechte sind auch in entwickelten Ländern in Europa kein Luxus. Es geht auch hier um die Würde des Menschen.

Was waren die grössten Enttäuschungen, die Tiefpunkte?

Was ich sehr bedauere, ist, dass sich drei Länder entschieden haben, überhaupt nicht mehr an der Arbeit des Rats teilzunehmen. Das ist höchst bedauerlich.

Eines dieser Länder ist nicht irgendein Land, es sind die Vereinigten Staaten. Wie wirkt sich die totale Abwendung der USA aus?

Die USA haben historisch einen enormen Beitrag geleistet an die Menschenrechte, an die Menschenrechtsbewegung – auf nationaler und internationaler Ebene. Ohne den Beitrag der USA wären die heutigen Menschenrechte und die internationalen Institutionen für die Menschenrechte undenkbar. Wenn sich ein solches Land mindestens vorübergehend zurückzieht aus allen Diskussionen und seine Expertise nicht mehr einbringt, ist das schade.

Mann mit Brille spricht in einer Sitzung mit Namensschild 'Präsident'.
Legende: Mit Botschafter Jürg Lauber übernahm erstmals ein Schweizer den Vorsitz des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Keystone/Salvatore di Nolfi

Andere westliche Länder arbeiten zwar weiter aktiv mit im UNO-Menschenrechtsrat. Aber stimmt der Eindruck, dass auch sie Menschenrechtspolitik nicht mehr gleich hoch gewichten wie vor fünf oder zehn Jahren?

Es ist nötig, immer wieder daran zu erinnern, wie wichtig Menschenrechte sind. Sie sind auch in entwickelten Ländern in Europa kein Luxus. Es geht auch hier um die Würde des Menschen. Menschenrechte leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität von Gesellschaften.

Manche Länder, vor allem China, behaupten, Menschenrechte seien ein rein westliches Konzept. Ist da etwas dran?

Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschenrechte ein globales Anliegen sind. Der Wunsch, sich nicht verstecken zu müssen, weil man zu einer bestimmten Gruppe gehört; der Wunsch, sich nicht vor dem Staat fürchten zu müssen, weil der Staat foltert oder die Freiheit einschränkt – alle Menschen auf der Welt teilen diese Wünsche.

Der Menschenrechtsrat hilft, dass die Situation nicht noch schlimmer wird.

Die Debatte über Menschenrechte wird heute oft sehr hart geführt. Sie mussten als Präsident mehrfach eingreifen und zur Ordnung rufen – und wurden dafür bisweilen hart kritisiert.

Ja, Menschenrechte sind ein sensibles Thema, gerade weil es so wichtig ist. Regierungen lassen sich hier höchst ungern kritisieren. Da wird es mitunter sehr heftig. Ich habe wirklich versucht, einen respektvollen Ton aufrechtzuerhalten. Man ist ja nicht nur da, um zu reden, sondern auch um einander zuzuhören.

Das Interview führte Fredy Gsteiger.

Echo der Zeit, 17.12.2025, 18 Uhr ; 

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