Üblicherweise tagt der UNO-Sicherheitsrat in New York. Doch zwei-, dreimal im Jahr geht er auf Reisen in Konfliktgebiete. Fünf Tage lang war er nun in Kolumbien. Das Land sei für den Sicherheitsrat eine der raren Erfolgsgeschichten in jüngster Zeit, berichtet die Schweizer UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl: «Es ist offensichtlich, dass der Sicherheitsrat in Kolumbien eine spürbar positive Rolle spielen konnte.»
Jahrzehnte dauerte der blutige kolumbianische Bürgerkrieg. Bis dann 2016 – unterstützt vom Sicherheitsrat – ein Friedensabkommen zwischen der Regierung und den Farc-Rebellen geschlossen wurde. Doch Unterschriften auf einem Dokument reichten längst nicht, um tatsächlich Frieden zu stiften, betont Baeriswyl: «Das Land steht vor enormen Herausforderungen. Umso wichtiger war der Besuch des Sicherheitsrats, um einen politischen Impuls zur weiteren Umsetzung des Friedensabkommens zu geben.»
Sie erwähnt auch: Friedensabkommen hielten im Schnitt fünf Jahre. Jenes in Kolumbien sei gut acht Jahre alt. Zu tun sei indes noch viel. Die Gewalt sei längst nicht überall erstickt. Deshalb verfolge das Friedensabkommen mehrere Ansätze gleichzeitig. «Wir hören bei unserem Besuch immer wieder dieselben Anliegen aus der Bevölkerung: eine gerechte Landverteilung, der Schutz vor Gewalt, eine faire Justiz.»
Wenn es zudem keine Fortschritte gebe bei Opferrechten, bei der Reintegration ehemaliger Kämpfer oder bei der historischen Aufarbeitung – wahrnehmbare Fortschritte für die Bevölkerung -, «dann besteht ein hohes Risiko, dass das Abkommen zu Makulatur wird».
Zwar half der Sicherheitsrat im Fall Kolumbien bei der Friedensfindung und Stabilisierung des Landes, doch sein Einfluss sei, räumt Baeriswyl ein, begrenzt: «Der Rat kann nur die Regierung und die Gesellschaft unterstützen. Letztlich muss im Land selber gehandelt werden.»
Die wichtige Rolle der Schweiz
Dass die Schweiz bei der Reise federführend war, zusammen mit Guyana und Grossbritannien, hat gute Gründe. Sie spielt seit mehr als zwanzig Jahren bei der Friedensförderung in Kolumbien eine wichtige Rolle. Und sie ist auch jetzt wieder stark engagiert als Vermittlerin in zusätzlichen Friedensbestrebungen mit linksextremen und anderen bewaffneten Gruppierungen in Kolumbien.
Eine Reise schmiedet zusammen, gerade wenn man aufs Feld und auch in gefährliche Gebiete geht.
Die Kolumbienreise des Sicherheitsrates dürfte nicht nur für das Land bedeutsam sein, sondern ebenso für den Sicherheitsrat selbst. «Es ist wichtig, hierherzukommen und zu sehen, welche Rolle wir spielen können, wenn wir mit einer Stimme sprechen.» Gleichzeitig dürfte eine solche Reise auch die Gruppendynamik im Rat fördern, sagt die Co-Delegationsleiterin und Schweizer UNO-Botschafterin: «Eine Reise schmiedet zusammen, gerade wenn man aufs Feld und auch in gefährliche Gebiete geht.»
Dennoch ist es wohl illusorisch anzunehmen, dass sich das unmittelbar positiv auswirkt auf jene Kriege, die aktuell im Scheinwerferlicht stehen, wie jener in Gaza oder in der Ukraine, wo Grossmachtsinteressen aufeinanderprallen. So viel therapeutische Wirkung bietet keine Reise. Doch sie kann helfen, den Sicherheitsrat zumindest bei weniger beachteten Konflikten einigermassen handlungsfähig zu erhalten. Wie jüngst bei der Etablierung einer Polizeimission für Haiti. Schlagzeilen bringt das keine, wichtig ist es trotzdem.