Seit Tagen ist US-Aussenminister Antony Blinken im Nahen Osten unterwegs. Seine Mission: Mehr humanitäre Hilfe ermöglichen, die Ausweitung des Konflikts verhindern und mögliche Wege zu einem dauerhaften Frieden finden. Erschwert wurden die ehrgeizigen Ziele dadurch, dass er teils nicht mit offenen Armen empfangen wurde.
Israel gegen Kampfpausen
Von Israel forderte Blinken vergeblich humanitäre Kampfpausen. Auch um die Hamas-Geiseln, darunter US-Staatsangehörige, befreien zu können. Grosse Differenzen traten auch an einer gemeinsamen Medienkonferenz mit seinen Amtskollegen aus Jordanien und Ägypten zutage. Letztere forderten einen bedingungslosen Waffenstillstand, was die USA ablehnen.
Blinken erklärte auch, es sei der Zeitpunkt, um die Bedingungen für eine Friedensordnung zu schaffen. Eine Rückkehr zum Status quo sei nicht denkbar. Die Zweistaatenlösung sei der einzige gangbare Weg. Doch Jordaniens Aussenminister Ayman Safadi entgegnete, es könne im Moment nicht über die Zukunft des Gazastreifens gesprochen werden, wenn unklar sei, was davon übrigbleibe.
Es war ein atemloser Trip von Blinken quer durch die Region. Ein Balanceakt, um einen Flächenbrand in der Region zu verhindern. Doch Blinken schien teils richtiggehend abzublitzen, besonders auch in der Türkei, wo Präsident Erdogan keine Zeit fand, ihn zu treffen, sondern nur der Aussenminister. Was hinter verschlossenen Türen ablief, ist nicht bekannt. Doch Blinken verlässt den Nahen Osten vorerst ohne handfeste Resultate.
Mahnungen der USA werden lauter
Auffällig ist, dass sich die Haltung der USA zu Israel in der letzten Zeit veränderte, nachdem sich Washington zuvor voll hinter das Land stellte. Zwar hat Präsident Joe Biden als ehemaliger Senator und Aussenpolitiker eine persönliche Beziehung zu Israel und reiste nach den Hamas-Anschlägen persönlich hin.
Doch Biden tat sich in der Vergangenheit oft auch schwer mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und kritisierte dessen Regierung offen. Zwar erklären die USA weiterhin, Israel habe das Recht und die Pflicht, sich zu verteidigen. Aber je länger der Krieg dauert und je zahlreicher die Bilder der Zerstörung aus dem Gazastreifen werden, umso deutlich werden die Mahnungen aus den USA, die israelischen Streitkräfte müssten sich an das internationale Recht halten, und die humanitäre Lage müsse sich verbessern.
Gratwanderung geht weiter
Blinken war denn auch sehr bemüht, den Schrecken in Israel wie auch im Gazastreifen mit Einzelschicksalen herauszustreichen. Die USA wirken wohl auch hinter verschlossenen Türen intensiv auf Israel ein. Laut der «New York Times» forderten die USA Israel etwa dazu auf, im Gazastreifen kleinere Bomben einzusetzen, um zivile Opfer zu vermeiden.
In den USA ist die Haltung der Regierung keineswegs unbestritten. Es gab grosse pro-palästinensische Demonstrationen. Im progressiven Flügel der Demokraten wird Biden teils offen kritisiert. Er muss aber auch um die Unterstützung der Wählerschaft arabischer Herkunft bangen, die in umkämpften Bundesstaaten eine wichtige Rolle spielen.
Hilfspaket für Israel chancenlos
Gräben tun sich auch im Parlament auf. Die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus verabschiedete ein Hilfspaket über mehr als 14 Milliarden Dollar für Israel.
Es enthält aber keine humanitäre Hilfe für den Gazastreifen und ist im Senat in der jetzigen Fassung chancenlos.