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US-Hilfspaket verabschiedet Die USA halten zur Ukraine

Die USA bleiben ihrer Rolle auf der Weltbühne treu, wenigstens vorläufig. Eine Mehrheit von 311 zu 112 Stimmen sorgte dafür, dass etwa 60 Milliarden Dollar für die Ukraine das Abgeordnetenhaus passierten. Dass eine aussergewöhnliche Koalition aus Demokraten und Republikanern zusammenkam, ist bemerkenswert – zumal die grosse Kongresskammer in letzter Zeit geprägt war durch Dysfunktionalität und Stillstand.

Auch die Ukrainehilfe steckte über Monate fest und es wurde denkbar, dass die USA die Ukraine würden hängen lassen. Entsprechend gross ist die Erleichterung in Kiew. Präsident Wolodimir Selenski bedankte sich auf der Plattform X und schrieb, das Paket würde Leben retten. Weitere 26 Milliarden Dollar wurden für die Unterstützung von Israel und für humanitäre Hilfe im Gazastreifen gesprochen. Gut acht Milliarden Dollar fliessen in die Indopazifik-Region.

Ein Sieg für Mike Johnson

Es war klar, dass eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus die Ukraine weiterhin unterstützen will. Doch erst jetzt hat Mike Johnson, der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, den Weg freigemacht: Der Republikaner brachte die Hilfspakete tranchenweise zur Abstimmung. Und die Forderung, neues Geld für die Ukraine müsse direkt an verschärfte Massnahmen gegen die illegale Migration an der Grenze zu Mexiko gekoppelt sein, hat Johnson fallengelassen.

Damit stellte er sich nach Monaten der Blockade auf die Seite der Ukraine und bot dem rechten Flügel der eigenen Partei Paroli. Viele Republikaner stehen weiterer Ukrainehilfe kritisch gegenüber oder lehnen sie rundweg ab. 112 Republikanerinnen und Republikaner, eine Mehrheit der Fraktion, stimmten dieses Mal dagegen. Nicht zum ersten Mal brachte Johnson ein wichtiges Gesetz nur mit der Hilfe der Demokraten über die Ziellinie. Das könnte ihn den Job kosten. Ein ähnliches Zusammenspannen wurde schon seinem Vorgänger Kevin McCarthy zum Verhängnis.

Bereits vor der gestrigen Abstimmung drohten einige Abgeordnete, sie würden dafür stimmen, Johnson aus dem Amt zu hebeln, sollte eine solche «Motion to vacate» zur Abstimmung kommen. Es sind Abgeordnete am rechten Rand, wo die engsten Verbündeten von Donald Trump zu finden sind, die gegen Johnson die Messer wetzen. Fürs Erste dürfte es Johnson aber Sicherheit geben, dass Trump selbst sich kürzlich dezidiert hinter ihn stellte. Er hofft wohl, dass zumindest ein Teil der Demokraten für ihn stimmen und ihn damit im Amt halten.

Ein Zeichen gegen den Isolationismus

Der Senat dürfte die Ukrainehilfe rasch absegnen. Die Unterschrift von Präsident Joe Biden ist eine reine Formalität. Seit Jahrzehnten verstehen sich die USA als «Leader of the free World», der weltweit den Aggressionen von Diktatoren die Stirn bietet. Dieses Selbstbild wurde am Samstag bekräftigt. Es ist aber nicht mehr selbstverständlich. Erst nach langem Stillstand und mit politischen Winkelzügen passierten diese Hilfspakete den Kongress.

Im Abgeordnetenhaus finden sich viele Politikerinnen und Politiker, die den Glaubenssatz nicht mehr ohne weiteres akzeptieren wollen, dass es im Interesse der USA sei, in Europa der Aggression eines Autokraten entgegenzutreten. Es ist bemerkenswert, dass die Isolationisten in der republikanischen Partei angesiedelt sind. Also in der Partei von Ronald Reagan, der als Präsident mit aller Kraft der Sowjetunion entgegentrat. Es ist denkbar, dass sie einst die Überhand gewinnen, vor allem wenn der nächste Präsident wieder Donald Trump heissen sollte.

Andrea Christen

USA-Korrespondent

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Andrea Christen ist USA-Korrespondent für Schweizer Radio SRF. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter von SRF 4 News und Auslandredaktor. Er arbeitet seit 2010 für SRF.

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Tagesschau, 20.04.2024, 19.30 Uhr

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