Ein genervter Donald Trump versuchte in einer kurzfristig angekündigten Rede an die Nation zu überzeugen, was für ein grossartiger Präsident er sei. USA-Korrespondentin Barbara Colpi hat die Rede vom US-Präsidenten mitverfolgt und ordnet ein.
Was war die Hauptbotschaft von US-Präsident Trump?
Donald Trump betonte in seiner Rede, dass er ein Chaos von Joe Biden geerbt habe, dieses aber erfolgreich bereinige und grossartige Erfolge feiere in den Bereichen Wirtschaft, Einwanderung, Kriminalität und Militär. Die Rede glich einer Wahlkampfrede. Nur ist Donald Trump nun seit elf Monaten im Amt, weshalb dieses Narrativ nicht mehr zieht. Auch widersprechen ihm die eigenen Wirtschaftszahlen. Fast alles, ausser Benzin, ist teurer geworden, beispielsweise die Energiekosten um sieben bis zehn Prozent – oder auch Lebensmittel. Diese gestiegenen Preise sind die grösste Sorge der Amerikanerinnen und Amerikanern. Menschen, die Donald Trump genau deswegen gewählt haben, weil sie seinen Versprechen geglaubt haben, er werde die Preise senken. Die einzige konkrete Ankündigung, die Trump machte, sind «Krieger-Dividenden»: Einmalzahlungen von 1776 Dollar pro Soldat als Bonus für Leistungen. Diese Zahl ist in Anlehnung an das Gründungsjahr der USA gewählt.
Die Rede war erstaunlich kurz. Er wirkte genervt. Wie ist das zu erklären?
Ich habe Donald Trump noch nie so ohne Punkt und Komma reden gehört. Er hatte offenbar eine Zeitvorgabe von 15 Minuten und hat leicht überzogen. Dabei wirkte er wie ein älterer, verzweifelter Herr, der die Nation in einer Tonart und Lautstärke angebrüllt hat, die eher an den Stil eines verzweifelten Bittstellers erinnerte: «Glaubt mir endlich, was ich sage!» Das zeugt von Nervosität, denn in seiner Partei und unter seinen Wählerinnen und Wählern gibt es zunehmend skeptische und kritische Stimmen. Trump zeigte sich selbstbewusst und lobte sich selbst. Das zeigt auch, wie realitätsfern er ist. Er zeigte keine Anzeichen von Empathie im Stil von «Ich verstehe eure Sorgen, eure finanziellen Sorgen», sondern er versuchte, die Menschen mit Worten davon zu überzeugen, was für ein grossartiger Präsident er sei.
Was will Trump gegen seine sinkende Beliebtheit und gegen die steigende Preise tun?
Trump kündigte an, die Gesundheitskosten zu senken. Er plant Reformen, durch die Subventionen direkt an die Bürgerinnen und Bürger gehen sollen, statt wie bisher an die Versicherer. So sollen die Kosten gesenkt und Obamacare ersetzt werden. Tatsache ist jedoch, dass die erhöhten Prämienzuschüsse am 31. Dezember auslaufen. Bis zur Festtagspause wird sich der Kongress nicht auf ein neues Gesetz einigen können und die Prämien werden für Millionen Menschen ab 2026 stark ansteigen. Da heute vier republikanische Abgeordnete einer Petition der Demokraten zugestimmt haben, wird im Januar dennoch darüber abgestimmt, ob die Prämienvergünstigungen um drei Jahre verlängert werden. Das Gezerre wird also weitergehen. Vielleicht gibt es dann doch noch rückwirkend Vergünstigungen oder der Kongress steuert auf einen neuen Behördenstillstand, einen neuen Shutdown, zu. Die Gesundheitskosten werden zusammen mit den Lebenshaltungskosten ein zentrales Wahlkampfthema bei den Zwischenwahlen im nächsten November sein. Kann Trump seine Versprechen nicht umsetzen, wird dies die Republikanische Partei stark schwächen.