Die USA ziehen ihre mehr als 1000 Soldaten aus Niger ab, nachdem die Militärjunta in dem westafrikanischen Land dies gefordert hatte. Die Militärregierung wendet sich stattdessen Russland zu. Damit verlören die USA ihren wichtigsten Stützpunkt im Kampf gegen den Terrorismus in Westafrika, sagt USA-Kennerin Claudia Brühwiler.
SRF News: Was bedeutet der Truppenabzug aus Niger für die USA?
Claudia Brühwiler: Es ist ein herber Rückschlag für die USA im Kampf gegen den Terrorismus. Die Region wird bekanntlich immer wieder von Terroranschlägen heimgesucht.
Erst vor sechs Jahren bauten die USA eine Luftwaffenbasis für 110 Millionen Dollar.
In Niger betrieben die USA den zweitgrössten Militärstützpunkt auf dem afrikanischen Kontinent – nach Dschibuti in Ostafrika. Erst vor sechs Jahren wurde im nigrischen Agadez eine US-Luftwaffenbasis für 110 Millionen Dollar erstellt.
Niger war der wichtigste Verbündete der USA im Kampf gegen den Terrorismus in der Region. Was verlieren die USA mit Niger?
Die USA hatten dort eine wichtige Operationsbasis für Westafrika – zumal in den Nachbarländern die zuvor beherrschende westliche Macht, Frankreich, nicht mehr geduldet wurde. Jetzt werden sich die USA umsehen müssen, ob in einem der umliegenden Länder eine neue US-Basis möglich sein wird. Das allerdings dürfte schwierig werden.
Wie werden die USA die Lücke füllen können?
Man wird das Sicherheitsdispositiv für die Region neu konfigurieren müssen. Möglicherweise versuchen die USA eine engere Zusammenarbeit mit den Küstenstaaten in Westafrika. Doch dort, wo der islamistische Terror am verbreitetsten ist, werden die USA kaum mehr tätig sein können – zumal die US-Operationen auch im Tschad bloss noch geduldet sind. Es wird erwartet, dass sich die USA bald auch aus diesem Land werden zurückziehen müssen.
Die Militärjunta in Niger sucht die Nähe zu Russland – ist der quasi erzwungene Abzug der USA für diese auch eine Niederlage gegenüber Russland?
Nicht unbedingt – aber es zeigt, wie schwierig es für westliche Staaten inzwischen ist, in Afrika zu operieren. Gerade in Westafrika wollen sich viele Länder nicht mehr diktieren lassen, mit wem sie zusammenarbeiten müssen.
Eine Vertreterin der USA soll sich laut Aussagen von Junta-Vertretern herablassend geäussert haben.
In Niger versuchten die USA zunächst, mit der Junta weiter zusammenzuarbeiten – anders als die Franzosen, die den gewählten Präsidenten des Nigers wieder einsetzen wollten. Doch eine Assistenzstaatssekretärin aus den USA soll sich laut Aussagen von Junta-Vertretern herablassend geäussert haben. Das führte in Niger zu grossem Unmut gegenüber den USA.
Derzeit laufen nun Gespräch zwischen US-Vertretern und der Junta, wie der Abzug konkret ablaufen soll. Was ist dabei das Ziel der USA?
Es gibt nur sehr wenige Informationen über die Gespräche – aber sicher streben die USA einen geordneten Ablauf des Abzugs an. Ausserdem dürfte Washington versuchen, die Tür einen Spalt offenzuhalten für eine spätere, erneute Zusammenarbeit. Auch will man wohl versuchen abzusichern, dass der russische Einsatz der Militärberater nicht zu einer russischen Präsenz in Niger wird. Thema dürften zudem die Uranvorkommen in Niger sein und die Befürchtung der USA, dass radioaktives Material nach Iran geliefert werden könnte.
Das Gespräch führte Dominik Rolli.