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USA: Die Demokraten und der digitale Wahlkampf
Aus Echo der Zeit vom 25.10.2019. Bild: Imago
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US-Wahlkampf und IT «Technologie wird die Politik und die Wahlen tief beeinflussen»

2020 ist in den USA Wahljahr. Cybersicherheit ist im Vorfeld ein grosses Thema. Demokraten und Republikaner streiten sich, wer die führende Technologie und die besten Datenbanken hat. Dafür holten sich die Demokraten die Unterstützung von einem Profi: IT-Ingenieur Raffi Krikorian. Er erzählt von den Schwierigkeiten des digitalen Wahlkampfes und gibt sich selbstkritisch.

Raffi Krikorian

Raffi Krikorian

IT-Ingenieur

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Raffi Krikorian war in leitenden Positionen bei Uber und Twitter. Von 2016 bis vergangenen Frühling arbeitete er als Techchef, als CTO, beim demokratischen Parteikomitee DNC. Heute arbeitet er für die philanthropische Organisation der Witwe von Steve Jobs, dem Emerson Collective.

SRF News: Sie haben während mehr als zwei Jahren der demokratischen Partei geholfen, sich fit für den Wahlkampf im Netz zu machen. Ist Ihnen das gelungen?

Raffi Krikorian: Am wichtigsten war, dass wir einen technologischen Kulturwandel in der demokratischen Partei ausgelöst haben. Die nationale Parteizentrale muss verstehen, dass man Technologie nicht outsourcen kann, und intelligente Leute aus der Tech-Industrie angestellt werden müssen.

Heute muss man monatelange Kontakte via soziale Medien führen, ähnlich wie an einem Familientisch

Das blosse Nachdenken über Cybersicherheit reicht nicht – so verhindert man vielleicht, dass man verliert, aber man gewinnt keine Wahlen. Das Tech-Team in der Parteizentrale zählte zwölf Leute, als ich antrat. Nun ist es mit 50 Leuten das grösste Team in der Zentrale.

Wo gibt es noch Baustellen?

Die Parteien in den einzelnen Bundesstaaten sind sehr unterschiedlich entwickelt, ebenso die einzelnen Präsidentschaftskandidaten und ihre Kampagnen. Da hat der nötige Kulturwandel noch nicht überall stattgefunden. Zudem gibt es bei Falschinformation und Propaganda noch viel zu tun. Wir waren mit Infrastruktur beschäftigt und hätten uns früher mit der Bekämpfung von Falschinformationen im Netz beschäftigen sollen.

Sie haben unter anderem eine neue Datenbank – Sie nennen es ein Daten-Warenhaus – mit Wählerinformationen aufgebaut. Was kann es?

Es ist stabil, das ist das wichtigste. Das frühere Daten-Warenhaus war falsch konfiguriert und es gab stundenlange Systemausfälle. Nun gibt es keine Kollapse mehr. So können wir viel aggressiver vorgehen und die Daten besser analysieren.

Kandidaten der Demokraten bei den TV-Duellen zu den Vorwahlen.
Legende: Die Demokraten seien auf einem guten Weg, es gebe aber noch vieles zu tun, meint Krikorian. Keystone

Wir können jetzt Daten-gesteuerte Kampagnen machen und von Minute zu Minute entscheiden, ob wir etwas anpassen müssen. Und wir können grenzenlose Datenmengen ins System speisen und riesige Analysen von verrückten Daten-Sätzen machen.

Sind die Demokraten, was die Technologie betrifft, auf Augenhöhe mit den Republikanern?

Das ist schwer zu messen, es geht ja um eine Waffenaufrüstung. Wir versuchen darum auch sicher zu stellen, dass niemand weiss, wie sehr wir zurückliegen. Die republikanische Parteizentrale und die Trump-Kampagne haben viel mehr Geld zur Verfügung als die Demokraten.

Die Wahlen 2020 werden in die Geschichtsbücher eingehen. Die Technologie wird die Politik und die Wahlen tief beeinflussen.

Wir haben technologisch Boden gut gemacht und möchten die Republikaner überholen, aber die Ungleichheit der Finanzen bereitet mir schlaflose Nächte.

Wissen sie überhaupt, was das Trump-Lager macht?

Ja, man kann das Facebook- und das Google-Werbearchiv anschauen. Letzte Woche habe ich beispielsweise gesehen, wie die Trump-Kampagne intensiv getestet hat, ob die Kinder von Präsident Trump gut ankommen. Es erschien Werbung mit Ivanka und Werbung ohne Ivanka. Offensichtlich wollten sie testen, ob Ivanka den Wahlkampf positiv oder negativ beeinflusst. Daran arbeiten sie im Moment.

Die Trump-Kampagne investiert derzeit mehr Ressourcen, um in den sozialen Medien Werbung zu schalten. Die Demokraten setzen nach wie vor stark auf Fernsehwerbung. Wird sich das ändern?

Ich hoffe es. Es gibt eine ganze Industrie von Beratern rund ums Fernsehen und direktes Mailing. Viele Leute vertrauen auf Taktiken, die früher funktioniert haben, aber in der Politik bewegt sich alles schnell. Verschiedene Stimmen fordern ein vollständiges Umsatteln auf neue Medien. Wir müssen dauernd Effizienzkontrollen machen und das Verhältnis unserer Ausgaben laufend anpassen.

Ein wichtiges Thema ist die Cybersicherheit. In den letzten Wahlen hackten laut US-Geheimdiensten russische Akteure den Server der Demokraten und mischten im Propagandakrieg in den sozialen Medien mit. Was wird 2020 geschehen?

Wir werden überall Propaganda sehen, jedes soziale Netzwerk wird betroffen sein. Auf Facebook wird es gefälschte und gekidnappte Konten geben, wir werden falsche Propaganda auf Blogs sehen, und es wird Fälschungen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz geben.

Tweet von Donald Trump.
Legende: Essentiell: Der Kontakt mit den Wählern in den sozialen Medien. Hier hat die Trump-Kampagne laut Krikorian einen Vorsprung. Keystone

Die Wahlen 2020 werden in die Geschichtsbücher eingehen. Die Technologie wird die Politik und die Wahlen tief beeinflussen.

Gleichzeitig wird der Pool jener, die eine US-Präsidentschaftswahl entscheiden, immer kleiner. Vermutlich werden ein paar Zehntausend im mittleren Westen den Ausschlag geben. Wie gewinnt man diese Wählenden in einem technologisch gesteuerten Propagandakrieg?

Dafür gibt es keine Zauberformel. Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, diese kleine Gruppe zu verstehen, ganz genau zu erfahren, was ihre Demografie ist und wie die Leute ticken. Man muss sich in ihrem sozialen Umfeld engagieren. Und da hat die Trump-Kampagne einen Vorsprung, denn die vielen demokratischen Kandidierenden sind im Moment noch mit den Vorwahlen beschäftigt. Heute muss man monatelange Kontakte via soziale Medien führen, ähnlich wie an einem Familientisch. Unter den Demokraten tut das im Moment niemand, das bereitet mir Sorgen.

Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.

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