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USA schnüren Hilfspaket Über eine Billion Dollar gegen die Corona-Krise?

In Washington ringt der US-Kongress um das wohl grösste Hilfsprogramm aller Zeiten.

Unbürokratisch und schnell hat der US-Kongress in den letzten Wochen bereits zwei Hilfspakete verabschiedet. Unter anderem sollen Tests auf das Virus gratis, Sozialhilfe-Ausgaben ausgeweitet und die Folgen des wirtschaftlichen Ausfalls abgefedert werden. Weil das für die taumelnde Wirtschaft aber nirgends hinreicht, wird jetzt mit der ganz grossen Kelle angerichtet.

Der Kongress soll sehr bald ein Rettungspaket verabschieden, das umfassend sein könnte wie kaum eines zuvor. «Die heutige Lage ist ähnlich wie 2008 – aber ernster», sagt Thomas Hoenig, der damals bei der Notenbank am Rettungsprogramm für die US-Wirtschaft beteiligt war. Praktisch die ganze Wirtschaft sei wie von heute auf morgen von den Auswirkungen der Pandemie getroffen worden. Der Schock sei deshalb noch heftiger als damals.

Schlimmer als bei der Finanzkrise

Ein paar Beispiele: Diese Woche haben die Autokonzerne Ford, GM und Fiat Chrysler ihre Produktion eingestellt. Die Tourismus-Industrie darbt, die Fluggesellschaft American Airline alleine hat fast 450 Flugzeuge grounden und für den April 55’000 Flüge streichen müssen. Ökonomen erwarten für den Monat April einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit, schlimmer als bei der Finanzkrise 2008.

Um die Krise zu meistern, wollen das Weisse Haus und die Republikaner im Kongress auf einen Schlag mehr als eine Billion Dollar locker machen, das ist fast eineinhalbmal die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz. Das beinhaltet hunderte Milliarden für kleine und mittlere Unternehmen und Überbrückungskredite für Wirtschaftszweige die hart getroffen sind. Für die Airlines sind 50 Milliarden vorgesehen. Der ehemalige Notenbanker Hoenig sagt, die USA seien im Stand so ein Konjunkturprogramm zu stemmen und sollten das wegen der fatalen Auswirkungen auf die Wirtschaft auch tun.

Gibt es jetzt Cash vom Staat?

Aber nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen sollen Staatshilfe bekommen. Wer 90’000 Dollar jährlich oder weniger verdient soll direkt vom Staat einen Scheck von bis zu 1200 Dollar bekommen. Pro Kind soll es zusätzlich noch 500 US-Dollar geben. Eine äusserst seltene Massnahme, die der Ökonom Desmond Lachmann vom American Enterprise Institute in Washington begrüsst. «Hunderttausende Menschen, die jetzt ihren Job verlieren, lebten von Lohnzahlung zu Lohnzahlung.» Deshalb bräuchten sie sofort Geld. Wenn der Staat sie nun direkt unterstütze, helfe er ihnen über das Schlimmste hinweg und gleichzeitig fliesse das Geld in Form von Konsum wieder zurück in die Wirtschaft. Angesichts des riesigen Ausmasses ist sich Lachmann aber nicht sicher, ob eine Einmalzahlung reicht, oder ob der Staat nicht noch mehr Geld verteilen müsste. Er weist auch darauf hin, dass in den USA eine flächendeckende Arbeitslosenversicherung nicht existiere.

Viele Politiker im Kongress betonen, man dürfe nun keine Zeit verlieren: «Wir müssen mutig und schnell handeln», forderte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. Das Gesetzespaket werde in den Verhandlungen noch Veränderungen erfahren, es solle nun aber mit höchster Dringlichkeit verabschiedet werden, sagte er. Und sein Kollege Lindsey Graham, Senator aus South Carolina befürchtet gar soziale Ausschreitungen, wenn der Staat nicht schnell un unbürokratisch helfe.

Auch wenn die Zeit drängt, wollen die Demokraten trotzdem ein wichtiges Wort mitreden. Chuck Schumer, der Minderheitsführer der Partei im Senat, betonte, der Vorschlag sei zu wenig arbeitnehmerfreundlich und stelle die Unternehmer weit vor die Arbeiter. Einige Demokraten wollen statt Direktzahlungen lieber die Arbeitslosengelder massiv erhöhen. Auch wollen sie klar festlegen, wie die Unternehmen das Geld aus der Staatskasse verwenden dürfen und wie nicht.

Die Verhandlungen für das monumentale Rettungspaket laufen auch über das Wochenende auf Hochtouren. Bereits Anfang nächster Woche dürfte der Senat und das Repräsentantenhaus darüber abstimmen.

SRF 4 News, 20.3.20, 9 Uhr

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