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USA und Türkei im Clinch Alphatiere auf Kollisionskurs

  • Die Meinungsverschiedenheiten zwischen US-Präsident Trump und seinem türkischen Amtskollegen Erdogan haben sich zum offenen Schlagabtausch entwickelt.
  • Am Samstag legte Erdogan nochmal nach und drohte damit, sich neue Freunde und Verbündete zu suchen.
  • Ab Montag gelten die neuen US-Strafzölle von 50 Prozent für Stahl aus der Türkei.

Im Streit mit den USA droht der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan dem Nato-Bündnispartner jetzt sogar offen mit einem Bruch.

Falls sich die USA weiter respektlos verhielten, werde seine Regierung damit beginnen, «nach neuen Freunden und Verbündeten zu suchen», schrieb Erdogan in einem Gastbeitrag der «New York Times» («NYT»). Sollte die US-Regierung die Souveränität der Türkei nicht respektieren, «dann könnte unsere Partnerschaft in Gefahr sein».

Absturz der türkischen Währung

Der Konflikt hat mittlerweile starke Auswirkungen auf die türkische Wirtschaft – und darüber hinaus. Die Landeswährung Lira sank zuletzt auf ein neues Tief zum US-Dollar und zum Euro. Binnen 24 Stunden verlor die Lira rund 20 Prozent an Wert gegenüber dem Dollar. Verantwortung für den Absturz der Lira übernahm Erdogan nicht.

Stattdessen dementierte er am Samstag vehement, dass die Wirtschaft des Landes in einer Krise stecke. Wirtschaftsanalysten in Europa warnen bereits vor Folgen für Banken, die Milliardenbeträge in der Türkei im Feuer haben.

Schande, Schande! Sie ziehen einen Pastor einem strategischen Nato-Partner vor
Autor: Recep Tayyip Erdogan Türkischer Präsident

Im Zentrum des Streits stehen offenbar zwei Geistliche: Washington fordert die Freilassung des US-amerikanischen Pastors Andrew Brunson, der wegen des Verdachts auf Spionage und Terrorvorwürfen in der Türkei unter Hausarrest steht. «Schande, Schande! Sie ziehen einen Pastor einem strategischen Nato-Partner vor», sagte Erdogan am Samstag vor Anhängern in der Provinz Ordu am Schwarzen Meer.

Ankara wiederum verlangt bisher vergeblich die Auslieferung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Erdogan für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich macht.

US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag angeordnet, die Zölle auf Stahl aus der Türkei von diesem Montag an auf 50 Prozent zu verdoppeln und damit die türkische Wirtschaft bewusst stark unter Druck gesetzt. Für einen Dollar wurden zeitweise 6,87 Lira fällig, zu Monatsbeginn waren es weniger als 5 Lira.

«Sie bedrohen uns»

Mit Blick auf die USA erklärte Erdogan in der Schwarzmeerprovinz Ordu: «Sie bedrohen uns». Die Türkei werde aber nicht nachgeben: «Man kann diese Nation nicht mit Drohungen zähmen.» In Radio SRF hatte allerdings jüngst Türkei-Experte Thomas Seibert erklärt, dass das Land stark von den USA abhängig sei.

In einer weiteren Ansprache in Rize am Schwarzen Meer betonte Erdogan am Samstag: «Das ist keine Wirtschaft, die bankrott geht, die untergeht oder die durch eine Krise geht. Die Türkei wird aus dieser Devisen- und Zinsspirale so bald wie möglich rauskommen.»

Das sind die Kugeln, Granaten, Raketen eines Wirtschaftskrieges, der gegen unser Land geführt wird
Autor: Recep Tayyip Erdogan Türkischer Präsident

Erdogan sagte erneut, die Lösung liege darin, die Zinsen zu senken und mehr zu produzieren. Er liegt damit seit Jahren diametral entgegengesetzt zur gängigen Wirtschaftslehre, wonach Zinserhöhungen die Währung stärken und die Inflation bekämpfen. Die Inflation hat in der Türkei inzwischen die 15-Prozent-Marke überstiegen.

Und in Rize fügte der türkische Präsident noch hinzu: «Wir wissen sehr wohl, dass es auf die Dollar, Euro oder das Gold ankommt. Das sind die Kugeln, Granaten, Raketen eines Wirtschaftskrieges, der gegen unser Land geführt wird.» Er drohte damit, denen «die Hände zu brechen, die diese Waffen abfeuern».

Stahl-Strafzölle gelten ab Montag

Erdogan kündigte ausserdem erneut an, den Handel mit Ländern wie China, Russland, der Ukraine und dem Iran künftig in lokalen Währungen abzuwickeln. Allerdings hat die Lira nicht nur gegen Euro und Dollar, sondern auch gegen andere Währungen an Wert eingebüsst.

Das Weisse Haus hatte am Freitagabend erklärt, die neuen Strafzölle auf Stahl aus der Türkei in Höhe von 50 Prozent würden von diesem Montag an angewendet.

Der US-Präsident hatte am Freitagabend zunächst per Twitter die höheren Strafzölle angekündigt, ohne jedoch das Geltungsdatum zu nennen: «Ich habe gerade eine Verdopplung der Zölle auf Stahl und Aluminium hinsichtlich der Türkei bewilligt. (...) Unsere Beziehungen zur Türkei sind derzeit nicht gut.»

Trump verwies im selben Tweet ausdrücklich darauf, dass die Lira «schnell gegenüber unserem sehr starken Dollar abrutscht!» Seinen Worten nach wird Aluminium aus der Türkei künftig mit Zöllen von 20 Prozent belegt werden. Ein Datum dafür wurde zunächst nicht genannt.

Nach Angaben des türkischen Handelsministeriums exportierte das Land 2017 Eisen, Stahl und Aluminium im Wert von 1,1 Milliarden Dollar (950 Mio Euro) in die USA – was laut Ministerium einem Anteil von 0,7 Prozent aller Ausfuhren entsprach.

Vergleich mit Pearl Harbor und 9/11

In seinem «NYT»-Gastbeitrag warf Erdogan der Trump-Regierung darüber hinaus vor, den türkischen Prediger Gülen nicht auszuliefern. Der Präsident schrieb, der Putschversuch vom Juli 2016, für den Gülen verantwortlich sei, ähnele dem, «was das amerikanische Volk zweifellos nach Pearl Harbor und den Angriffen vom 11. September erlebt hat».

Erdogan kritisierte auch, dass die Reaktion der USA nach dem Putsch «alles andere als zufriedenstellend» gewesen sei. «Das türkische Volk hatte erwartet, dass die Vereinigten Staaten die Attacke eindeutig verurteilen und ihre Solidarität mit der gewählten Führung der Türkei ausdrücken. Das haben sie nicht getan.»

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