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USA unter Trump Gerrymandering eskaliert – Trump hat dazu aufgerufen

Das Wettrüsten, um Wahlkreise so zu ziehen, dass die eigene Partei besser abschneidet, hat neue Dimensionen erreicht.

Traditionell erfolgte das Gerrymandering alle zehn Jahre, nach der Volkszählung. Doch nun haben vier republikanisch dominierte Bundesstaaten ihre Wahlbezirke neu gezogen. Allen voran Texas, auf Aufforderung von Präsident Trump. Mit Kalifornien hat nun erstmals ein demokratisch regierter Bundesstaat nachgezogen.

Von einer «neuen Dimension und einem Wettrüsten, wie er es so noch nie beobachtet habe», spricht Eric Schickler, Professor für Politikwissenschaften an der University of California, Berkeley. Was jetzt passiere, gehe über die früheren Grenzen hinaus. Die Partei, die die Kontrolle hat, versuche, die andere Seite so weit wie möglich auszuschliessen.

Als Politikwissenschaftler hüte er sich eigentlich vor dem Begriff «Missbrauch des Systems», sagt Eric Schickler, aber: «Texas hat damit begonnen, die Wahlbezirke neu zu ziehen, ohne dass zuvor eine Volkszählung stattgefunden hat. Damit wurde eine Norm gebrochen. Das ist ein echter Verstoss gegen die bisher geltende Verfahrensweise. Von diesem Standpunkt aus könnte man also zu Recht behaupten, dass es sich um eine Art Missbrauch des Verfahrens handelt. Und wir sehen, dass andere Bundesstaaten reagieren.»

Demokratische Bundesstaaten im Nachteil

Mit Missouri, Ohio und North Carolina haben drei weitere republikanische Bundesstaaten beschlossen, die Wahlkreise neu zu ziehen. Mit Kalifornien nun der erste demokratische Bundesstaat. Da hat das Stimmvolk zugestimmt und dies sei ein wichtiges Signal für andere demokratische Bundesstaaten. Denn insbesondere in demokratisch regierten Bundesstaaten kann die Legislative nur beschränkt neue Wahlkreise ziehen.

Menschen mit Schildern.
Legende: Demonstranten in Columbus (Ohio) haben sich versammelt, um gegen Gerrymandering zu protestieren und sich für faire Wahlkreisgrenzen durch die Gesetzgeber einzusetzen. Keystone/AP Photo/Patrick Aftoora-Orsagos

Es gibt überparteiliche Kommissionen, die Wahlmanipulationen verhindern sollen. In anderen Fällen haben Gerichte entschieden, dass eine extreme Wahlkreiseinteilung gegen die Verfassung des jeweiligen Bundesstaats verstösst. Die Demokraten sind somit stärker eingeschränkt.

Doch Eric Schickler ist überzeugt: «Je weiter die Republikaner gehen, desto mehr demokratische Bundesstaaten werden versuchen, diese Hindernisse zu überwinden und ihre Verfassungen zu ändern, um ihnen entgegenzuwirken. Denn reagieren sie nicht, riskieren sie eine dauerhafte republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus.»

Die Situation eskaliert

Angefeuert wird das Wettrüsten durch die knappen Mehrheiten in der grossen Parlamentskammer. Doch wohin führt das?

Die Prognose des Politologen sieht düster aus: «Wir befinden uns in einem Eskalationsmoment und die Situation könnte sich noch verschlimmern. Meiner Meinung nach müsste der Kongress oder der Supreme Court handeln.»

Die repräsentative Demokratie stehe in einem noch nie dagewesenen Ausmass auf dem Spiel: «Wir steuern auf eine Situation zu, in der es eine ganze Reihe republikanischer Bundesstaaten ohne demokratische Kongressmitglieder gibt, obwohl 40 Prozent der Bevölkerung demokratisch wählen. Und umgekehrt. Das kann man als Versagen der Repräsentation bezeichnen. Wenn das passiert, werden nationale Massnahmen erforderlich sein, um diese Tendenz aufzuhalten.»

Voraussetzung dazu wäre jedoch der politische Wille und dieser fehle zur Zeit, sagt Politikwissenschaftler Eric Schickler.

Echo der Zeit, 7.11.205, 18 Uhr; noes

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