Vor zehn Jahren fasste ein junger, ehrgeiziger Senator aus Florida seine aussenpolitische Vision zusammen: In einem Artikel schrieb Marco Rubio von der essenziellen Führungsrolle der USA. Diese müssten den globalisierten Handel verteidigen, den Diktatoren dieser Welt die Stirn bieten und ihre Verbündeten verteidigen.
Putin ist eigentlich eine Figur des organisierten Verbrechens.
Marco Rubio fand auch deutliche Worte für Wladimir Putin, der 2014 die Krim-Halbinsel annektiert hatte. «Putin ist eigentlich eine Figur des organisierten Verbrechens, der eine Regierung und ein grosses Territorium kontrolliert. Man kann Putin nicht anders beschreiben.»
Rubio, der sagt, der einstige Präsident Ronald Reagan habe ihn geprägt, galt als aussenpolitischer Falke. Und er wollte seine Aussenpolitik ins Weisse Haus tragen. Der Sohn kubanischer Einwanderer stellte sich 2016 mit nur 44 Jahren dem parteiinternen Wahlkampf. Dort wurde er gedemütigt. «Kleiner Marco. Sie hassen ihn in Florida so sehr», erklärte Donald Trump 2016 im Wahlkampf.
Politische Kehrtwende
Rubio und Trump lieferten sich damals einen erbitterten Schlagabtausch. Die Republikanische Partei werde von einem Hochstapler übernommen, warnte Rubio. Doch Trumps Übernahme war nicht aufzuhalten und mit Trump setzte sich auch dessen nationalistische «America First»-Aussenpolitik durch. Wie auch andere Republikaner schien Rubio zu wissen, woher der Wind weht, und wurde vom Trump-Kritiker zum Unterstützer.
Die Kehrtwende war erfolgreich: 2024 wurde Rubio als Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt und dann als Aussenminister nominiert. Der geachtete Aussenpolitiker wurde im Senat einstimmig bestätigt.
Rubio hat seinen Ruf, seine Leistungen und seine moralisch klaren Positionen komplett verspielt.
Doch Rubio habe bei wichtigen Dossiers wenig zu sagen, sagt Michael Rubin, ein Experte für Aussenpolitik bei der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute. Und die Hoffnung, Rubio würde Trump mässigen, habe sich nicht erfüllt.
«Er hat seinen Ruf, seine Leistungen und seine moralisch klaren Positionen komplett verspielt, um seinen Job zu behalten.» Es sei kein Geheimnis, dass Rubio Präsident werden wolle, so Michael Rubin. «Womöglich macht er eine zynische Kalkulation: Dass die Wählerinnen und Wähler Trumps Weltanschauung auch in Zukunft teilen werden und dass er deshalb diese moralischen Kompromisse eingehen muss.»
Zukunft verbaut?
Rubio verteidigt selbst extreme Ideen wie die Aneignung von Grönland oder die Einverleibung von Kanada in die USA. Er handelte aus, dass El Salvador unter sehr zweifelhaften Bedingungen Migranten aus den USA in einem berüchtigten Gefängnis wegsperrte. Diese Treue hat sich für Rubio gelohnt, wenigstens fürs Erste. Trump hat ihn auch zu seinem Nationalen Sicherheitsberater gemacht. Marco könne er jederzeit anrufen, wenn ein Problem gelöst werden müsse, so Trump.
Trump baut einzelne Leute auf, nur um sie später wieder vom Sockel zu stossen.
Doch Aussenpolitikexperte Rubin glaubt, langfristig habe Marco Rubio sich seine politische Zukunft verbaut, weil er seine Prinzipien verraten habe. «Trump baut einzelne Leute auf, nur um sie später wieder vom Sockel zu stossen. Letztendlich wird Marco Rubio seinen Posten so oder so verlieren.» Der Politikexperte ist überzeugt: «Wenn Rubio seinen Prinzipien treu geblieben wäre, dann hätte er sich einen Weg ins Präsidentenamt eröffnet. Nun ist er damit gescheitert.»
Ob sich Rubio tatsächlich verkalkuliert hat, wird sich erst 2028 zeigen, wenn er vielleicht antritt, um Trumps Nachfolger im Weissen Haus zu werden.