Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

USA vor der Hurrikan-Saison «Im Katastrophenfall sind wir nicht genügend vorbereitet»

Der Höhepunkt der Hurrikan-Saison naht – und der ehemalige Chef der US-Katastrophenhilfe Fema ist sehr besorgt.

«Zu wenig Personal, zu wenig Geld und zu viel Bürokratie», so beschreibt Craig Fugate den aktuellen Zustand der nationalen Katastrophenhilfe Fema. Kaum jemand kennt die Katastrophenhilfe in den USA besser als er. Fugate leitete die Behörde unter Barack Obama und setzte entscheidende Reformen durch, die jetzt bedroht sind.

Männer bei einer Konferenzsitzung.
Legende: Craig Fugate mit seinem damaligen Präsidenten Barack Obama an einer Pressekonferenz zum Hurrikan Matthew von 2016. REUTERS / Yuri Gripas

Kürzlich haben 180 aktuelle und ehemalige Mitarbeitende in einem offenen Brief an den Kongress Alarm geschlagen. Die Antwort von US-Präsident Donald Trump folgte prompt: Er entliess kurzerhand 30 Mitarbeitende, die den Brief unterzeichnet hatten. Bereits im Frühling hatten Tausende ihren Posten räumen müssen. Ihre Büros sind leer und ihr Wissen ist verloren.

«Die Moral ist niedrig, das ist bekannt. Das Departement für Innere Sicherheit, dem die Fema angegliedert ist, konzentriert sich hauptsächlich auf das Thema illegale Immigration», sagt Craig Fugate und sieht darin Parallelen zum Zustand der Behörde vor zwanzig Jahren, im Jahr 2005. Auch damals habe es nur einen Fokus gegeben: die Terrorbekämpfung, als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001, sagt der 66-Jährige.

Katrina darf sich nicht wiederholen

Und dann kam einer der verheerendsten Wirbelstürme in der Geschichte der USA: Katrina. Über 1500 Menschen starben – unter anderem, weil die nationale Katastrophenhilfe völlig versagt habe, so Craig Fugate. Man war sich parteiübergreifend einig: So etwas darf nie mehr geschehen. Es gab Untersuchungen und der Kongress verabschiedete unter anderem ein Gesetz, das der nationalen Katastrophenhilfe ein schnelleres Handeln ermöglichte.

Überflutete Strasse mit Menschen und Autos in Hochwasser.
Legende: Die Canal Street in New Orleans wird am 30. August 2005 nach Hurrikan Katrina von den Wassermassen geflutet. Der Hurrikan kostete über 1000 Menschenleben und richtete Schäden in Höhe von 125 Milliarden US-Dollar an. REUTERS / Rick Wilking RTW / JK

Craig Fugate war massgeblich daran beteiligt, diese Reformen umzusetzen, als Leiter der nationalen Katastrophenhilfe unter Barack Obama von 2009 bis 2017: «Ich wollte mich darauf konzentrieren, schnell zu sein und Entscheidungsprozesse zu verkürzen. In Washington gibt es den Spruch, dass, wenn man etwas erledigt haben will, die Antwort lautet: ‹Wir müssen eine Sitzung abhalten.› Ich wollte diese Sitzungen loswerden und handeln.»

In einem Katastrophenfall könne es sich die nationale Behörde nicht erlauben, zu warten, bis die lokalen Hilfskräfte und die Bundesstaaten überfordert seien. Das neue Motto lautete: Lieber einmal zu viel handeln als einmal zu wenig. Der Kongress habe bewusst auch den Spielraum gegeben, Fehler machen zu dürfen.

Nationale Katastrophenhilfe vor dem Aus?

Diese Herangehensweise habe Donald Trump über den Haufen geworfen. Es gehe nur noch darum, effizienter zu sein, Kosten zu reduzieren. Doch so funktioniere Katastrophenhilfe nicht, sagt Fugate und ergänzt: «Dazu kommt, dass Trump offenbar alles, was mit Klima zu tun hat, schlechtmacht und zusammenstreicht, ohne zu berücksichtigen, dass Naturkatastrophen häufiger und Wetterverhältnisse extremer und unvorhersehbarer geworden sind.» 

LKW steht schräg in einem Baum fest.
Legende: Dieser Truck in einem Baum in Buras im US-Bundesstaat Louisiana zeigt die Wucht von Katrina – und auch die Herausforderungen für die Behörden, alles aufzuräumen. Die Aufnahme stammt von November 2005, mehrere Monate nach dem Hurrikan. KEYSTONE / AP / CHUCK BURTON

Der Höhepunkt der Hurrikan-Saison steht an, Mitte September, und Craig Fugate ist besorgt: «Es wäre beschämend, wenn wir aus der Katastrophe von 2005 Lehren gezogen hätten und 2025 dieselben Fehler wieder machen würden.»

Die Worte des Katastrophenexperten stossen beim US-Präsidenten auf taube Ohren. Donald Trump zieht sogar in Erwägung, die nationale Katastrophenhilfe nach der aktuellen Hurrikan-Saison komplett abzuschaffen.

Echo der Zeit, 8.9.2025, 18 Uhr; sten

Meistgelesene Artikel