«Zu wenig Personal, zu wenig Geld und zu viel Bürokratie», so beschreibt Craig Fugate den aktuellen Zustand der nationalen Katastrophenhilfe Fema. Kaum jemand kennt die Katastrophenhilfe in den USA besser als er. Fugate leitete die Behörde unter Barack Obama und setzte entscheidende Reformen durch, die jetzt bedroht sind.
Kürzlich haben 180 aktuelle und ehemalige Mitarbeitende in einem offenen Brief an den Kongress Alarm geschlagen. Die Antwort von US-Präsident Donald Trump folgte prompt: Er entliess kurzerhand 30 Mitarbeitende, die den Brief unterzeichnet hatten. Bereits im Frühling hatten Tausende ihren Posten räumen müssen. Ihre Büros sind leer und ihr Wissen ist verloren.
«Die Moral ist niedrig, das ist bekannt. Das Departement für Innere Sicherheit, dem die Fema angegliedert ist, konzentriert sich hauptsächlich auf das Thema illegale Immigration», sagt Craig Fugate und sieht darin Parallelen zum Zustand der Behörde vor zwanzig Jahren, im Jahr 2005. Auch damals habe es nur einen Fokus gegeben: die Terrorbekämpfung, als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001, sagt der 66-Jährige.
Katrina darf sich nicht wiederholen
Und dann kam einer der verheerendsten Wirbelstürme in der Geschichte der USA: Katrina. Über 1500 Menschen starben – unter anderem, weil die nationale Katastrophenhilfe völlig versagt habe, so Craig Fugate. Man war sich parteiübergreifend einig: So etwas darf nie mehr geschehen. Es gab Untersuchungen und der Kongress verabschiedete unter anderem ein Gesetz, das der nationalen Katastrophenhilfe ein schnelleres Handeln ermöglichte.
Craig Fugate war massgeblich daran beteiligt, diese Reformen umzusetzen, als Leiter der nationalen Katastrophenhilfe unter Barack Obama von 2009 bis 2017: «Ich wollte mich darauf konzentrieren, schnell zu sein und Entscheidungsprozesse zu verkürzen. In Washington gibt es den Spruch, dass, wenn man etwas erledigt haben will, die Antwort lautet: ‹Wir müssen eine Sitzung abhalten.› Ich wollte diese Sitzungen loswerden und handeln.»
In einem Katastrophenfall könne es sich die nationale Behörde nicht erlauben, zu warten, bis die lokalen Hilfskräfte und die Bundesstaaten überfordert seien. Das neue Motto lautete: Lieber einmal zu viel handeln als einmal zu wenig. Der Kongress habe bewusst auch den Spielraum gegeben, Fehler machen zu dürfen.
Nationale Katastrophenhilfe vor dem Aus?
Diese Herangehensweise habe Donald Trump über den Haufen geworfen. Es gehe nur noch darum, effizienter zu sein, Kosten zu reduzieren. Doch so funktioniere Katastrophenhilfe nicht, sagt Fugate und ergänzt: «Dazu kommt, dass Trump offenbar alles, was mit Klima zu tun hat, schlechtmacht und zusammenstreicht, ohne zu berücksichtigen, dass Naturkatastrophen häufiger und Wetterverhältnisse extremer und unvorhersehbarer geworden sind.»
Der Höhepunkt der Hurrikan-Saison steht an, Mitte September, und Craig Fugate ist besorgt: «Es wäre beschämend, wenn wir aus der Katastrophe von 2005 Lehren gezogen hätten und 2025 dieselben Fehler wieder machen würden.»
Die Worte des Katastrophenexperten stossen beim US-Präsidenten auf taube Ohren. Donald Trump zieht sogar in Erwägung, die nationale Katastrophenhilfe nach der aktuellen Hurrikan-Saison komplett abzuschaffen.