Seit über 40 Tagen steht die Verwaltung in den USA still, weil sich das Parlament nicht auf ein Budget einigen konnte. Öffentliche Institutionen sind geschlossen, Staatsangestellte bekommen keinen Lohn, Flüge fallen aus. Jetzt zeichnet sich ein Ende ab. Der Senat hat ein Übergangsbudget beschlossen, auch mit Stimmen von Demokraten. Ob die demokratische Partei eingeknickt ist, führt USA-Expertin Claudia Brühwiler aus.
SRF News: Warum haben die Demokraten ihre Blockade aufgegeben?
Claudia Brühwiler: Sie haben sich verzockt. Die Demokraten haben gedacht, dass sie die Covid-Subventionen für die Versicherungsprämien verlängern können. Und dass die Regierung Trump daran interessiert wäre, den Shutdown möglichst kurz zu halten. Jede Regierung möchte einen Shutdown verhindern oder, wenn er mal da ist, möglichst kurz halten. Bei Donald Trump war das nicht der Fall.
Der Shutdown hat gezeigt, wie weit Donald Trump willens ist, zu gehen.
Sieben demokratische Abgeordnete und ein Parteiunabhängiger haben gemeinsam mit den Republikanern Ja zum Budget gesagt. Wer sind sie?
Es sind Abgeordnete, die bei den Wahlen nächstes Jahr nicht zur Wiederwahl stehen. Sie spüren weniger Druck aus der Parteibasis. Diese Demokraten konnten es sich leisten, Kritik auszuhalten und als «schwarze Peter» dazustehen, um den Stillstand zu beenden.
Die Parteibasis spricht von einem Einknicken vor Trump. Wie beurteilen Sie das?
Der Shutdown hat gezeigt, wie weit Donald Trump willens ist, zu gehen. Das Angebot der Republikaner sieht vor, separat über die Subventionen für die Krankenversicherung abzustimmen. Die Demokraten wussten offenbar, dass dieses Angebot das Beste war, was herauszuholen war. Im Hintergrund ist man wohl insgeheim ein bisschen froh, dass man diese Abtrünnigen und damit ein Ende mit Schrecken hat. Im Dezember wird über die Versicherungssubventionen abgestimmt. Sie könnten dank Republikanern womöglich durchkommen – weil diese sehen, dass ihre eigenen Wählerinnen und Wähler auf die Prämienverbilligung angewiesen sind.
Es gibt ziemliche Kritik an Chuck Schumer, dem Chef der Demokraten im Senat. Was ist da dran?
Er ist der politische Verlierer dieses Shutdowns, es war seine Strategie. Möglicherweise kostet ihn die Niederlage nun seine Führungsposition. Er hat geglaubt, dass er mehr als eine separate Abstimmung über die Subventionen herausholen kann.
Man vergisst solche Niederlagen schneller, wenn jemand dafür die Verantwortung trägt.
Und das Ganze hat auch einen Generationenaspekt: Schumer steht für eine alte Parteielite, die viele als überaltert empfinden. Viele junge Demokratinnen und Demokraten wollen sehen, dass ihre Partei mehr an Prinzipien festhält und sich nicht so leicht auf einen Kuhhandel einlässt.
Muss Schumer nun abtreten?
Es wird sich zeigen, ob er sich trotz dieser herben Niederlage noch halten kann. Oder ob er nicht jemandem Jüngerem Platz machen sollte. Es wäre zumindest eine elegante Lösung, um wieder frischen Wind in die Sache zu bringen. Und man vergisst solche Niederlagen schneller, wenn jemand dafür die Verantwortung trägt. Er würde seiner Partei einen Gefallen tun, eine Erneuerung zu wagen, ohne dass der Gesichtsverlust ganz so gross ist.
Das Gespräch führte Dominik Rolli.