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Grönland emanzipiert sich zunehmend von Dänemark
Aus SRF 4 News aktuell vom 06.03.2024. Bild: Keystone/Emil Helms
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Verbrechen an Frauen Grönlands Zwangssterilisierte Grönländerinnen klagen gegen Kopenhagen

150 Frauen haben es satt, zu warten – sie wollen ein Schuldbekenntnis von Dänemark und finanzielle Entschädigung.

Darum geht es: Fast 150 Grönländerinnen klagen gegen den Staat Dänemark, weil sie quasi zwangssterilisiert worden sind. Der Hintergrund: In den 1960er- und 1970er-Jahren setzten Ärzte auf Geheiss Dänemarks tausenden Frauen im grönländischen Untertanengebiet ungefragt Spiralen zur Verhütung ein. Einige der Betroffenen waren damals noch Kinder. Die Absicht Kopenhagens: Grönländerinnen sollten nicht mehr Kinder kriegen als Däninnen vom Festland. Die klagenden Frauen fordern jetzt endlich ein Schuldbekenntnis Kopenhagens sowie Schadenersatz in Höhe von umgerechnet je 40'000 Franken.

Heute spricht man von einem Verbrechen an der grönländischen Bevölkerung – oder sogar von einem Genozid.
Autor: Bruno Kaufmann Nordeuropa-Korrespondent von Radio SRF

Die Untersuchung: Erst im Mai 2025 soll ein Bericht der dänischen Regierung über die unmenschliche Praxis veröffentlicht werden – und dabei läuft die Untersuchung in der Sache schon seit mehreren Jahren. Die betroffenen Grönländerinnen haben jetzt die Geduld verloren, deshalb ziehen sie vor Gericht. Und: «Schon 2023 wurde eine ähnliche Klage eingereicht – und nun erhöhen die Frauen den Druck auf Kopenhagen», sagt SRF-Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann.

Das Zwischenergebnis: Auch wenn die Untersuchung noch läuft – klar ist, dass in der fraglichen Zeit fast der Hälfte der in Grönland lebenden Frauen im gebärfähigen Alter eine Spirale eingesetzt wurde. Viele der betroffenen Frauen blieben als Folge des Eingriffs ihr Leben lang unfruchtbar. «Heute spricht man von einem Verbrechen an der grönländischen Bevölkerung – oder sogar von einem Genozid», so der Korrespondent. Sicher sei: Die Sterilisationskampagne wurde von der damaligen dänischen Regierung geplant. Die Details allerdings werden noch untersucht.

Die Motivation: In den 1950er-Jahren sollte Grönland und seine Bevölkerung aus dänischer Sicht kulturell, sprachlich und sozial zu einem zweiten Dänemark werden. So forcierte Kopenhagen den Häuserbau in Nuuk und die Ansiedlung der über weite Teile Grönlands lebenden Bevölkerung in der Hauptstadt der Insel. Vielen Familien wurden die Kinder weggenommen, nach Dänemark gebracht und von Dänen zwangsadoptiert. Mit der Zwangssterilisation sollte die Geburtenrate der Grönländerinnen von bis zu sechs Kindern auf dänische Verhältnisse von ein bis zwei Kindern heruntergebracht werden.

Das Verhältnis: Seit mehr als 50 Jahren verfügt Grönland über eine weitgehende Autonomie von Dänemark. Seit 2009 ist Grönland – ausser bei der Aussenpolitik sowie bei der Justiz – selbstständig. Trotzdem ist das Verhältnis angespannt: Nur dank Grönland ist Dänemark eine arktische Anrainermacht – und das will Kopenhagen nicht einfach aufgeben. Grönland wiederum verfolgt den Plan, in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren ganz unabhängig zu werden. Finanziell ist die Insel mit ihren knapp 57'000 Einwohnern jedoch noch stark von Kopenhagen abhängig. Grönland fehlen noch immer die Mittel, um auf eigenen Beinen zu stehen.

SRF 4 News, 6.3.2024, 06:20 Uhr;

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