Zum Inhalt springen

Header

Audio
Chiles Bevölkerung gegen zweiten Verfassungsentwurf
Aus Nachrichten vom 18.12.2023. Bild: EPA/Elvis Gonzalez
abspielen. Laufzeit 42 Sekunden.
Inhalt

Verfassungsreferendum Chile lehnt auch konservativen Verfassungsentwurf ab

  • Bereits zum zweiten Mal haben die Chileninnen und Chilenen in einem Referendum den Vorschlag für eine neue Verfassung abgelehnt.
  • Während sie vor über einem Jahr einem sehr progressiven Entwurf eine Absage erteilt hatten, stimmten sie am Sonntag nun auch gegen den Vorschlag der rechten Opposition.
  • 55.8 Prozent der Wählerinnen und Wähler lehnten den Entwurf des von konservativen Parteien dominierten Verfassungsrats ab.
  • 44.2 Prozent stimmten für das neue Grundgesetz, so das Wahlamt nach der Auszählung von über 96 Prozent der Stimmen.

Kritiker – darunter auch die linke Regierung des südamerikanischen Landes – hatten bemängelt, dass die neue Verfassung bei bestimmten Grundrechten einen Rückschritt darstelle. So könnte der Entwurf das Recht auf Abtreibung einschränken, die sofortige Ausweisung von Ausländern ermöglichen und steuerliche Vorteile für Hausbesitzer festschreiben.

Einschätzung von SRF-Korrespondentin Teresa Delgado

Box aufklappen Box zuklappen

SRF News: Was bedeutet die Ablehnung des Verfassungsentwurfs für Chile?

Teresa Delgado: Es bedeutet, dass die bisherige Verfassung in Kraft bleibt. Das ist die Verfassung von 1980 aus der Zeit der Pinochet Diktatur. Und obwohl diese Verfassung mehrfach reformiert wurde, verändert wurde über die Jahre, bleiben einige umstrittene Punkte weiterhin dort fest verankert, zum Beispiel das Recht auf Wasser. In Chile ist das Wasser kein öffentliches Gut, sondern per Verfassung ein privates. Und das bedeutet, dass grosse Unternehmen, vor allem Minenbetreiber, hier Wasserrechte aufkaufen und dann für private Bürger zu wenig Wasser bleibt. Es gibt ganze Dörfer in Chile, die auf dem Trockenen sitzen und nur noch Trinkwasser erhalten, wenn es per Tanklaster zu ihnen kommt. Aus dem Wasserhahn kommt nichts mehr.

Weshalb hat eine Mehrheit nun so entschieden?

Eine Mehrheit der Chileninnen und Chilenen findet, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist für eine neue Verfassung. Angestossen wurde diese ganze Debatte ja durch grosse soziale Unruhen und Proteste 2019. Und jetzt, vier Jahre später, ist die Situation hier einfach eine andere. Zum einen hat sich die Kriminalität hier in den letzten Jahren verschärft. In der Hauptstadt Santiago kommt es häufiger zu gewalttätigen Überfällen und das beschäftigt die Leute hier eher als eine neue Verfassung.

Zum anderen ist die Lage in den Nachbarländern deutlich instabiler geworden. In Peru, wo es immer wieder Proteste gibt gegen Präsidentin Dina Boluarte. In Bolivien, einem hoch verschuldeten Land, das auf eine erneute Wirtschaftskrise zusteuert, und in Argentinien mit dem neuen Präsidenten Javier Milei, wo es eine Inflationsrate von über 160 Prozent gibt. Da sagen sich viele Chileninnen und Chilenen: «Eigentlich geht es unserem Land im Vergleich dazu doch gar nicht so schlecht. Bleiben wir doch lieber bei dem Modell, was wir kennen. Vielleicht ist jetzt einfach nicht der Moment für derart grosse politische Experimente.»

Es war bereits der zweite Versuch, Chile eine neue Verfassung zu geben. Im vergangenen Jahr hatten die Wähler einen sehr progressiven Verfassungsentwurf mit grosser Mehrheit abgelehnt.

Aktuelle Verfassung aus Pinochet-Diktatur

Der progressive Verfassungsentwurf hätte ein Recht auf Wohnraum, Bildung und Gesundheit garantiert, eine Frauenquote von 50 Prozent in allen Staatsorganen festgeschrieben und den indigenen Gemeinschaften ein Selbstbestimmungsrecht eingeräumt. Das ging vielen Menschen in dem Land zu weit.

Die aktuelle Verfassung von 1980 stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet. Die Aufgaben des Staates sind darin auf ein Minimum reduziert, das Bildungs-, Gesundheits- und Rentensystem weitgehend privatisiert. Eine neue Verfassung war eine der Hauptforderungen der Proteste 2019.

Video
Archiv: Chile lehnt progressiven Verfassungsentwurf ab
Aus Tagesschau vom 05.09.2022.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 37 Sekunden.

SRF 4 News, 18.12.2023, 1 Uhr;

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel