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Von der Leyen und die Schweiz Gleiche Forderungen, aber weniger Druck

Ambitioniert ist Ursula von der Leyen nicht nur, wenn es um die eigene Karriere geht, sondern auch mit Blick auf die Zukunft der Europäischen Union. In einem Interview mit dem «Spiegel» forderte sie 2011 die Schaffung der «Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder USA».

Ob von der Leyen auch Ambitionen für das schwierige Verhältnis der real existierenden EU mit der Schweiz ins Amt nach Brüssel bringen würde, wissen wir nicht. Als deutsche Verteidigungsministerin hat sie sich nie zur Zukunft der bilateralen Verträge geäussert.

Ein Optimalfall für die Schweiz?

Eine deutsche Ex-Ministerin als Kommissionspräsidentin könnte sich für die Schweiz aber durchaus als Optimalfall erweisen. Denn die deutsche Regierung ist derzeit innerhalb der Europäischen Union die wichtigste Verfechterin von Schweizer Interessen.

Immer wieder hat Deutschland hinter den Kulissen vor einer Eskalation im Verhältnis mit der Schweiz gewarnt. Deutschland war zum Beispiel für eine Verlängerung der Börsenanerkennung, anders als Noch-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Und Deutschland warnt auch davor, die bestehenden bilateralen Verträge nicht mehr aufzudatieren oder die Forschungszusammenarbeit zu schwächen.

Ungewisse Zukunft von Generalsekretär Selmayr

Für die Politik der Warnschüsse war in der EU-Machtzentrale in Brüssel Junckers deutscher Generalsekretär Martin Selmayr zuständig. Ob von der Leyen an ihm festhalten wird, ist ungewiss. Gerade eine deutsche Kommissionspräsidentin könnte den mächtigsten Beamten durch einen Nicht-Deutschen ersetzen wollen. Um der Kritik einer deutschen Dominanz vorzubeugen.

Nichts ändern dürfte sich allerdings an der Forderung der EU an die Schweiz, das Rahmenabkommen rasch unter Dach und Fach zu bringen. Auch Deutschland schliesst Nachverhandlungen aus und will der Schweiz etwa beim Lohnschutz nicht weiter entgegenkommen. Zumal es vor allem KMUs aus Süddeutschland sind, welche die Schweizer Lohnschutz-Bürokratie als diskriminierend und geschäftsschädigend kritisieren.

Als neue Kommissionschefin in Brüssel müsste von der Leyen die Haltung aller Mitgliedsstaaten vertreten. Eine ganz andere Schweiz-Politik ist von ihr nicht zu erwarten. Aber vielleicht der Verzicht auf den einen oder anderen Druckversuch.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

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