Die indische Regierung hat Twitter aufgefordert, im Zusammenhang mit den Bauernprotesten 11'000 Konten zu sperren. Der Kurznachrichtendienst ist dieser Aufforderung teilweise nachgekommen und hat 500 Konten suspendiert.
Die Konten würden klar die Twitter-Richtlinien verletzen, teilte Twitter am Mittwoch mit. Ausserdem habe das Unternehmen die Sichtbarkeit von Hashtags mit «schädlichen Inhalten» reduziert.
Die indische Regierung habe den Angestellten von Twitter in Indien mit Gefängnis gedroht, wenn der Dienst nicht die geforderten 11'000 Accounts schliesse, sagt Thomas Gutersohn, SRF-Korrespondent in Indien.
Wer genau wurde suspendiert?
Allerdings wisse man gar nicht genau, welche Konten betroffen seien, sagt SRF-Korrespondent Gutersohn dazu. Es sei möglich, dass es Mehrfachaccounts gewesen seien, das ist bei Twitter nicht erlaubt. «Es kann aber gut sein, dass diese 500 gesperrten Konten nichts mit den Protesten zu tun haben.»
Twitter habe binnen zehn Tagen mehrere Blockierungsaufforderungen der indischen Regierung erhalten, hiess es in der Mitteilung. Nach öffentlicher Kritik habe Twitter seine Entscheidung zunächst rückgängig gemacht und daraufhin vom Ministerium für Informationstechnologie eine Mahnung erhalten.
Missinformationen und Provokationen
Aus Sicht der Regierung von Premierminister Narendra Modi wurden über Twitter auch Fehlinformationen und provozierende Inhalte zu den Protesten verbreitetet, wie der Fernsehsender NDTV unter Berufung auf Regierungskreise berichtete.
«Die indische Regierung hat nun einen eigenen Kurznachrichtendienst lanciert. Dieser findet grossen Anklang», sagt Gutersohn, vor allem bei Politikern und Künstlern. Indien sei das Land mit den drittmeisten Twitter-Benutzern, nach den USA und Japan.
Die Stürmung des Red Forts
«Am Anfang der Offensive der indischen Regierung gegen Twitter standen die Ausschreitungen am indischen Republic Day», sagt der Korrespondent. Üblicherweise hält der Premierminister in Dehli an diesem Tag eine Ansprache. «Es kam zu wüsten Szenen zwischen den Demonstranten und der Polizei», sagt Gutersohn.
Die indische Regierung zog darauf Parallelen zwischen der Stürmung des Red Forts in Dehli und der Erstürmung des Kapitols in Washington. In den USA seien nach dem Ereignis sofort Twitterkonten gesperrt worden, in Indien aber nicht. «Das hat die indische Regierung als Ungleichbehandlung empfunden.»
SRF-Korrespondent Gutersohn findet jedoch den Vergleich zwischen der Stürmung des Forts und dem Kapitol eher abwegig: «In Indien wurde nicht das Parlamentsgebäude angegriffen, sondern eine Burg aus dem 17. Jahrhundert, eine Touristenattraktion, ein Museum. Und der Premierminister war auch nicht vor Ort.» Politiker seien in Indien zu keiner Zeit bedroht gewesen. Doch die Bilder, die medial verbreitet wurden, seien auch dramatisch gewesen.