Es war das Ende einer Radrundfahrt, wie es die Sportwelt nicht wollte: Proteste mit Palästina-Fahnen statt der geplanten Zieleinfahrt in der Hauptstadt Madrid. Ein Abbruch am Ende einer Radrundfahrt, die drei Wochen lang zu Störungen und Streckenverkürzungen geführt hatte.
Stein des Anstosses war das israelische Premier Tech Team. Man habe es zu boykottieren, so der Tenor am Strassenrand, aus Protest gegen Israels Angriffe auf Gaza.
Seit Tagen lief in Spanien die Debatte zur Vuelta und zur Beziehung des Landes zu Israel und Palästina. Die Sympathien sind jüngsten Umfragen zufolge klar verteilt: Man leidet mit den Palästinenserinnen und Palästinensern, man hält Israels Reaktion auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 für völlig überzogen, man spricht von Genozid. Spanien ist traditionell israelkritisch: schon unter der faschistischen, offen antisemitischen Franco-Diktatur (1936-1975) und auch später in den linken Bewegungen und Parteien.
Diktator Franco weigerte sich stets, Israel anzuerkennen: Er witterte hinter fast jedem Übel Juden, Freimaurer, Kommunisten. Gleichzeitig etablierte er Kontakte in die historisch und geografisch nahe arabische Welt. Daran knüpften alle spanischen Regierungen an. Sie sahen Spanien nach dem ersten westlichen Empfang von PLO-Chef Jassir Arafat 1979 in Madrid sowie nach der sehr späten Anerkennung Israels 1986 in der idealen Vermittlerrolle für eine Zweistaatenlösung. Nicht zufällig fand 1991 in Madrid die Friedenskonferenz statt, die zwei Jahre später im Oslo-Abkommen mündete.
Von der Solidarität zur Eskalation
Auch wenn Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez am 7. Oktober 2023 zu den ersten Staatschefs gehörte, der das Hamas-Massaker als Terrorismus verurteilte und damit deutlich schneller reagierte als andere: In der belasteten Beziehung Spanien-Israel eskaliert es auf diplomatischer Ebene stets rasch.
Seit Spanien im Mai 2024 Palästina anerkannt hat, ist Israels Botschaftsposten in Madrid verwaist. Grob der Ton auch letzte Woche nach Spaniens Waffenembargo gegen Israel sowie Einreiseverboten für die radikalen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beschuldigte Sánchez umgehend und faktenwidrig der «Genozid-Drohung gegen Israel».
In diese Stimmung hinein radelten die Vuelta-Fahrer. Dann sagte Sánchez ausgerechnet vor deren Schlussetappe an einer Wahlveranstaltung in Andalusien: «Als Erstes sei unsere Anerkennung und unser absoluter Respekt vor den Sportlern zum Ausdruck gebracht. Aber auch unsere Bewunderung für das spanische Volk, das sich für gerechte Anliegen einsetzt wie das von Palästina.» In Spaniens polarisierter Politwelt ein Steilpass für Volksparteichef Alberto Núñez Fejióo. Er postete umgehend, dass er zwar weder von der Hamas etwas halte noch von Israels Vorgehen in Gaza, dass Sánchez aber mit seinen Worten zum vorzeitigen Ende der Vuelta-Etappe angestiftet und Spanien international blamiert habe.
Was bleibt von der Vuelta 2025? Ein Sieger ohne Applaus. Und sehr viele Verlierer.