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Türkische Kampfdrohnen in der Ukraine
Aus Echo der Zeit vom 16.04.2021. Bild: Imago
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Waffenexporte an Ukraine Erdogans Drohnen und der Zorn des Kremls

Die Türkei mausert sich zur Grossmacht im Bereich der fliegenden Gefechtsroboter – nun liefert sie an die Ukraine.

Das aktuelle Säbelrasseln zwischen Russland und der Ukraine wird weltweit mit Sorge beobachtet – und besonders aufmerksam in der Türkei. Der dritte grosse Anrainer-Staat des Schwarzen Meers versucht eine komplizierte Balance zwischen den beiden zerstrittenen Nachbarn Russland und Ukraine.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mag mit seinem autokratischen Stil wesensverwandt sein mit Russlands Präsident Wladimir Putin, aber Erdogan sucht gleichzeitig nach strategischen Verbindungen zur Ukraine. Und das beruht durchaus auf Gegenseitigkeit. Eine wichtige Rolle spielen dabei türkische Kampfdrohnen.

Putin und Erdogan
Legende: Kiew hat von Ankara Drohnen gekauft: In den letzten Jahren strapazierte bereits der Krieg in Syrien das Verhältnis zwischen der Türkei und Russland – beide Länder verfolgen dort unterschiedliche Interessen. Keystone

Es ist nur ein paar wenige Jahre her, da dominierten die USA, China und Israel mit ihren ferngesteuerten Kampfmaschinen die Lüfte – und den Exportmarkt. Manche dieser fliegenden Roboter führen Geschosse mit, andere, sogenannte Kamikazedrohnen, stürzen sich direkt auf ihre Ziele, wieder andere werden mit hochsensiblen Sensoren und Kameras zur Gefechtsaufklärung eingesetzt.

Seit fünf Jahren mischt die Türkei in dem Sektor immer stärker mit. Sie hat selber ein Arsenal aufgebaut, das in der Region seinesgleichen sucht. Und sie exportiert ihre Kampfdrohnen inzwischen auch in die Nachbarschaft. Ein Argument ist der Preis: Die türkischen Drohnen seien halb so teuer wie vergleichbar tödliche Angebote der Konkurrenz, heisst es.

Schlüsselmoment im Krieg in Syrien

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Legende: Getty Images

Türkische Drohnen haben mehrfach im Fronteinsatz ihre Schlagkraft bewiesen. Was ihre Attraktivität auf dem Markt noch steigert. Zuletzt im Kaukasus. Im vernichtenden Kurzkrieg gegen Armenien um Berg-Karabach setzte die aserbaidschanische Armee im letzten Herbst stark auf die türkischen Drohnen. Die aserbaidschanischen Streitkräfte, eng verbündet mit der Türkei und intensiv von deren Militär beraten, kopierten auch die türkische Kampftaktik. Die Türkei hat diese in ihren eigenen Kriegen verfeinert.

Es begann in der Konfrontation mit der kurdischen Untergrundorganisation PKK und ihren Ablegern, zunächst zu Hause, dann auch in der syrischen und irakischen Nachbarschaft. Bald aber flogen die Drohnen mit, wo immer Erdogans interventionistische Regionalpolitik die türkischen Streitkräfte hinführte. So sollen die Flugroboter aus der Türkei in Libyen eine entscheidende Rolle gespielt haben, um das Blatt zugunsten der westlibyschen Stämme um die Regierung Saraj zu wenden.

Als Schlüsselmoment aber heben türkische Militärexperten die Kampfeinsätze vor einem Jahr in der Provinz Idlib in Nordsyrien hervor. Dort zerstörte die türkische Armee in einer Operation Dutzende Stellungen des Regimes Assad, das mit Russland verbündet ist. In Idlib habe die Türkei vorgeführt, welche Schlagkraft Kampfdrohnen entfalten können, wenn sie eng vernetzt mit Artillerie und konventioneller Luftwaffe eingesetzt werden.

Die bedeutendsten der türkischen Drohnen kommen aus dem Konzern von Selçuk Bayraktar und heissen auch nach dem Ingenieur. Dass er die jüngste Tochter Erdogans heiratete, dürfte den Firmenerfolg nicht geschmälert haben. Aber auch der staatliche türkische Rüstungskonzern entwickelt erfolgreiche Gefechtsdrohnen.

Ironischerweise begann die Erfolgsgeschichte damit, dass die USA ihre eigenen Drohnen der Türkei vorenthielten. Erdogan machte das strategische Geschäft zur Chefsache. Nicht nur die Landstreitkräfte und der Geheimdienst, auch die türkische Marine setzt immer stärker auf die ferngesteuerten Fluggeräte, deren Verwendung nur einen Bruchteil eines Kampfjeteinsatzes kostet. Und niemals eigene Opfer fordert.

Türkischen Drohnen des Konzern von Selçuk Bayraktar
Legende: Die Ukraine ist nicht nur als Abnehmer der türkischen Drohnen interessant: Sie könnte Erdogans militärisches Prestige-Projekt auch als Zulieferer unterstützen. Getty Images

«Die ganze Welt beneidet uns um unsere Drohnen», schwärmt der Präsident. Allerdings, Erdogan macht sich damit nicht nur Freunde. Kanada etwa stoppte nach dem Krieg im Kaukasus die Lieferung von Sensoren für die türkische Drohnenproduktion.

Doch das ficht die Türkei nicht an. Sie strebt danach, immer mehr Bauteile für ihre Drohnen selber herzustellen, sucht gleichzeitig nach alternativen Anbietern, die weniger kritisch hinschauen. Die Ukraine könnte so einer sein – und mit ihren Motoren als Rüstungszulieferer für die Türkei interessant werden, nicht nur als Käufer.

Echo der Zeit vom 16.04.2021, 18 Uhr;

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