Zum Inhalt springen

Header

Audio
Erst Kampfpanzer, dann Kampfjets? Der Westen hadert
Aus SRF 4 News aktuell vom 31.01.2023. Bild: Keystone/AP/Litauisches Verteidigungsministerium
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 50 Sekunden.
Inhalt

Waffenlieferungen an Ukraine Bei Kampfjets zieht der Westen die rote Linie – noch

Deutschland und die USA wollen keine Kampfjets an die Ukraine liefern. Doch die Debatte darüber ist lanciert.

Die Luft unter den Nato-Partnern war zum Schneiden: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zauderte und zögerte in der Panzer-Frage; der Geduldsfaden von Warschau bis nach Washington drohte zu reissen. Am Ende konnte Berlin durchsetzen, dass seine Leopard-Panzer nur im Tandem mit amerikanischen Abrams-Panzern an die Ukraine geliefert werden.

Die transatlantische Verstimmung fand ein mehr oder weniger gütliches Ende. Nun aber werden neue Forderungen aus Kiew laut. Und diese haben es sich: Um der russischen Invasion zu begegnen, möchte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski Langstreckenraketen, mehr Artillerie – und Kampfjets.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski
Legende: Aus den westlichen Kampfpanzern will Selenski eine «Faust der Freiheit» bilden, «die nicht zulässt, dass die Tyrannei wieder aufersteht.» Keystone/AP/Jacquelyn Martin

Im Krieg in der Ukraine könnten Kampfjets die Karten neu mischen. Laut Marcel Berni, Strategieexperte an der ETH Zürich, ist es bislang noch keiner Seite gelungen, die Lufthoheit zu erlangen. «Was wir jetzt sehen, ist der verzweifelte Versuch der Ukraine, den Luftraum durch neue Kampfjets besser zu kontrollieren.» Denn aus der dritten Dimension sei die Ukraine besonders verwundbar.

Amerikanische F-16-Kampfjets im Dienst der litauischen Nato-Streitkräfte
Legende: Mit westlichen Kampfjets könnte Kiew russische Flieger und auch Ziele am Boden effizienter bekämpfen; auch wäre es den Ukrainern möglich, Teile des Luftraums für russische Kampfflugzeuge abzusperren. «Das wäre eine neue Fähigkeit, die der Ukraine noch fehlt», erklärt Berni. Keystone/AP/Litauisches Verteidigungsministerium

Das Veto aus Berlin und Washington kam aber prompt: Die USA werden der Ukraine nach Aussage ihres Präsidenten Joe Biden keine F-16-Kampfjets liefern. Auf die Frage einer Reporterin: «Werden die USA der Ukraine F-16 zur Verfügung stellen?», antwortete Biden am Montag in Washington mit «Nein».

Noch deutlicher wurde Berlin: Kanzler Scholz nennt die Debatte «eigenwillig» und sprach sich bereits am letzten Mittwoch im Bundestag gegen die Lieferung von Kampfjets aus. Auf seiner Lateinamerika-Reise schob Scholz nach, dass dazu alles gesagt sei. Eine Regierungssprecherin betonte, dass man auf jeden Fall vermeiden wolle, dass die Nato und Deutschland Kriegspartei würden.

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodimir Selenski im Weissen Haus, 21. Dezember 2022.
Legende: Bislang hatte es aus Washington geheissen, dass die US-Regierung kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen habe und die Unterstützung nach dem ausrichte, was die Ukraine brauche. Keystone/AP/Patrick Semansky

Einzig der französische Präsident Emmanuel Macron schliesst die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine nicht grundsätzlich aus. «Prinzipiell ist nichts verboten», sagte er am Montag in Den Haag auf die Frage, ob Frankreich Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern werde.

Manche Länder machen sich grosse Sorgen, dass der Schritt in die dritte Dimension dazu führen könnte, dass Moskau auch westliche Ziele ins Visier nimmt.
Autor: Marcel Berni Strategieexperte an der ETH Zürich

Besonders brisant: Laut Strategieexperte Berni wäre die Ukraine mit westlichen Kampfjets fähig, auch russische Ziele hinter den Fronten zu bekämpfen. «Und das durchaus auch auf russischem Boden – genauso, wie es die Russen seit Kriegsbeginn auf ukrainischem Boden machen.»

Nur leere Drohungen aus Moskau?

Ein solcher Angriff dürfte das Eskalationspotenzial des Konflikts weiter anheizen. Doch eben diese Gefahr wird in den westlichen Hauptstädten unterschiedlich eingeschätzt – was am Anfang der Kakofonie steht, wenn es um weitere Waffenlieferungen an die Ukraine geht.

«Die einen machen sich grosse Sorgen, dass der Schritt in die dritte Dimension dazu führen könnte, dass Moskau den Krieg weiter eskalieren und auch westliche Ziele ins Visier nehmen könnte», sagt Berni. Andere Staaten würden entsprechende Drohungen aus Moskau nicht ernst nehmen – und fokussierten auf den militärischen Nutzen von Waffenlieferungen.

Scholz, Macron und Biden beim G20-Gipfel in Indonesien
Legende: Kiews Forderung nach Kampfjets wird die Drähte zwischen Berlin, Paris und Washington in den kommenden Wochen heiss laufen lassen. «Ob der Westen am Ende einlenkt, ist derzeit aber schwer abzuschätzen», schätzt der ETH-Experte. Keystone/AP/Kevin Lamarque

Dazu kommt: Mit der Lieferung immer potenterer Waffensysteme gibt es in so manchem Nato-Mitgliedsstaat auch Bedenken, dass die eigene Kampffähigkeit erodieren könnte.

«Heute sprechen wir über schwere Kampfpanzer, morgen über Kampfjets und übermorgen über Schlachtschiffe und U-Boote», bricht Berni die Skepsis herunter. «Andere Länder sind viel optimistischer und trauen der Ukraine schon bald den Sieg zu – und sind deswegen eher bereit, sich auf ein Vabanquespiel einzulassen.»

SRF 4 News, 31.01.2023, 10:35 Uhr;

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel