Fast eine Woche nach den Wahlen ist immer noch unklar, wer die Präsidentschaftswahlen in der Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina gewonnen hat. Am Wahlabend lag die Oppositionskandidatin Jelena Trivic klar in Führung. «Doch über Nacht haben sich die Stimmenverhältnisse seltsam verändert», wie Jelena Trivic es später beschrieb. Plötzlich hatte der bisherige Machthaber Milorad Dodik mit 30'000 Stimmen die Nase vorne.
Nicht nur sie vermutet, dass die Resultate vielerorts über Nacht manipuliert worden sind. Mittlerweile haben die Oppositionsparteien aber zahlreiche Beweise gesammelt, welche den Wahlbetrug von Milorad Dodiks Leuten belegen sollen. So wurden in einem Wahllokal, gut versteckt, eine grosse Zahl bereits ausgefüllter Wahlzettel gefunden.
Im Bosniaken-Dorf Klisa in der Gemeinde Zvornik stimmte angeblich eine überwältigende Mehrheit für den Serben Dodik – und zwar deutlich mehr Personen, als überhaupt Stimmberechtigte im Dorf leben. Laut den Dorfbewohnern liess sich keine Person finden, die bestätigte, Dodik gewählt zu haben.
Für besonders viel Aufsehen sorgte die Tatsache, dass Kandidatin Trivic in ihrem Heimatdorf Krajišnik laut Auszählung keine einzige Stimme bekam. Der Präsident des lokalen Wahlausschusses hat mittlerweile zugegeben, dass er die Stimmen für Trivic einem anderen Kandidaten zugerechnet habe. Er sei müde gewesen und man habe ihm überdies versichert, die Wahlzettel würden später noch einmal ausgezählt.
Protestierende verlangen Wiederholung der Wahl
Die zentrale Wahlkommission prüft derzeit das umfangreiche Beweismaterial. So werden die Auszählungen von über tausend Wahlbüros kontrolliert, bevor die Resultate offiziell bekannt gegeben werden. Erst dann können die Oppositionsparteien Rekurs gegen das Ergebnis einlegen.
Das Wahlgesetz schreibt in Bosnien vor, dass die Stimmenzähler nur von den politischen Parteien nominiert werden. Die zentrale Wahlkommission fordert seit langem, dass dies geändert wird, weil es das Risiko von Wahlbetrug erhöht.
Die Opposition ging am Donnerstag in Banja Luka zu Protest auf die Strasse. «Mile ist ein Dieb», skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten und verlangten, dass die Wahl in der Republika Srpska wiederholt werde.
Doch Milorad «Mile» Dodik, ein Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin, weist alle Betrugsvorwürfe zurück. Sein grosses Ziel ist die Abspaltung der Republika Srpska und die Ausrufung der Unabhängigkeit. Allerdings dürfte er angesichts der Fülle von Beweismaterial auch nicht mehr so entspannt sein, wie am vergangenen Sonntagabend, als er seinen Wahlsieg ausgerufen hatte. Laut der umstrittenen Auszählung bekam Dodik 48 Prozent der Stimmen, Trivic 43 Prozent. Dodic erhielt angeblich 28'000 Stimmen mehr als Trivic.