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Wahlen in der Slowakei Der Sieg des Russlandfreunds Robert Fico

Robert Fico ist kein bescheidener Mann. Aber die Deutlichkeit seines Siegs bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in der Slowakei dürften sogar den dreifachen Ex-Regierungschef überrascht haben. 23 Prozent der Stimmen holt seine linksnationalistische Smer-Partei: Deutlich mehr als alle Umfragen voraussagten und deutlich mehr als die 18 Prozent von Progresivne Slovensko, der liberalen Partei, zu der früher auch Staatspräsidentin Zuzana Caputová gehörte.

Deutlicher Wahlsieg

Fico ist damit ein Comeback gelungen, das kaum jemand für möglich gehalten hätte. Noch vor dreieinhalb Jahren galt der dreimalige Ex-Regierungschef als politisch erledigt. 2018 hatte er nach dem Mord am Journalisten Jan Kuciak unter riesigen Protesten als Ministerpräsident zurücktreten müssen. Fico galt als der Mann, der die Verantwortung dafür trug, dass sich kriminelle Netzwerke so tief im slowakischen Staat festgesetzt hatten, dass es zum Journalistenmord hatte kommen können. Anfang 2020 verlor Fico dann auch noch die Wahlen.

Dass dem 59-Jährigen jetzt dieser deutliche Wahlsieg gelungen ist, hat viel mit der letzten Regierung zu tun. Die letzten dreieinhalb Jahre war die slowakische Politik geprägt von einer chaotisch regierenden Parteienkoalition, die letzten Frühling zerfiel. Dagegen gilt Fico als berechenbar und als Mann mit einer sogenannt harten Hand.

Keine Waffenhilfe mehr an Ukraine

Und Fico profitiert vom Krieg im Nachbarland Ukraine. Der Krieg ist mitverantwortlich dafür, dass die Slowakei unter der höchsten Inflationsrate der ganzen Eurozone leidet. Die Verunsicherung, die das auslöst, macht viele empfänglich für Ficos einfache Rezepte, mit denen er für weniger Geld in den Taschen von ukrainischen Flüchtlingen und mehr Geld auf den Konten von Slowakinnen und Slowaken sorgen will.

Darüber hinaus hat der Ukrainekrieg in der Slowakei zu einer Blüte von Fake News geführt. Eine Mehrheit in der Slowakei glaubt, nicht Russland, sondern die Ukraine und der Westen hätten den Krieg angezettelt. Fico kommt diese anti-westliche Haltung vieler Slowakinnen und Slowaken zugute. Er verbreitet selbst russische Propaganda und verspricht, der Ukraine «keine einzige Kugel» mehr zu liefern.

Dementsprechend unglücklich dürfte man in Kiew und Brüssel über den Wahlsieg von Robert Fico sein. Wird er Regierungschef, dürfte die Ukraine einen bis anhin loyalen Verbündeten verlieren. Die Europäische Union hätte es neben dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban mit einem weiteren russlandfreundlichen Querschläger zu tun.

Fico auf Koalition angewiesen

Allerdings wird Robert Fico nicht über die gleiche Machtfülle verfügen wie sein Vorbild Orban. Um eine Regierung zu bilden, muss er nämlich eine Koalition mit mindestens zwei weiteren Parteien bilden. Die Chancen, dass ihm das gelingt, stehen gut.

Aber Fico wird Konzessionen machen müssen, vor allem an Peter Pellegrini. Der war einst Minister unter Fico, später sogar dessen Nachfolger als Regierungschef. Inzwischen ist er Chef einer eigenen Partei und nach diesen Wahlen der Königsmacher. Er gilt, vor allem aussenpolitisch, als gemässigter als Fico. Für die EU und für Kiew könnte das die bittere Nachricht von Ficos Wahlsieg etwas versüssen.

Roman Fillinger

Osteuropa-Korrespondent

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Roman Fillinger ist Osteuropa-Korrespondent von Radio SRF. Von 2007 bis 2018 arbeitete er in verschiedenen Funktionen beim «Echo der Zeit», zuletzt als Moderator und stellvertretender Redaktionsleiter.

SRF 4 News, 1.10.2023, 07:00 Uhr

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