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Ein Entertainer gibt den Präsidenten
Aus 10 vor 10 vom 29.03.2019.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 59 Sekunden.
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Wahlen in der Ukraine Vom TV-Präsidenten zum echten Präsidenten?

Laut Umfragen könnte ein Entertainer die Wahlen in der Ukraine gewinnen. Er spielte den Präsidenten zuvor im TV.

Der Himmel über dem Fussballstadion in der ukrainischen Stadt Dnepr ist auch in der letzten Märzwoche noch grau. Auf der Bühne im Stadion steht der 41-jährige Wladimir Selenski mit seiner Comedy-Gruppe im Licht der Scheinwerfer. «Schon bald wirst du ein Double brauchen – schliesslich haben alle Präsidenten ein Double», scherzt der Comedian neben Selenski auf der Bühne.

Aus den Witzen könnte schon bald Realität werden. Entertainer Selenski liegt in den Umfragen vor den anderen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl, die an diesem Sonntag stattfindet. In der TV-Serie «Diener des Volkes» spielt Selenski einen bescheidenen Geschichtslehrer, der ganz unverhofft zum Präsidenten der Ukraine gewählt wird.

Im Wahlkampf inszeniert sich Selenski gezielt als jener unbeholfene Geschichtslehrer aus der TV-Serie. «Unser Land braucht dringend grundlegende Veränderungen und Selenski ist nicht wie die anderen Kandidaten», erzählt Anna, die mit Freundinnen ins Stadion gekommen ist.

Abwechslung für Enttäuschte

Der Entertainer profitiert vom schlechten Image der Konkurrenz. Fünf Jahre nach dem Machtwechsel sind viele Menschen in der Ukraine enttäuscht von Amtsinhaber Petro Poroschenko. Der politische Wandel, für welchen Tausende auf die Strasse gingen, erweist sich als zäh. Reformen sind ins Stocken geraten, steigende Preise und eine Währung im Sinkflug drücken auf das Lebensniveau.

Selenski und den Charkter aus dem TV verbinden vor allem ihre Ehrlichkeit und ihre Naivität.
Autor: Iwan Bakanow Wahlkampf-Leiter

Selenski bringt eine ungewohnte positive Stimmung in den Wahlkampf. «Niemand braucht negative Schlagzeilen in der Kampagne», ist der Leiter des Wahlstabes von Selenski überzeugt. Iwan Bakanow kennt Selenski seit Kindesbeinen an. Aufgewachsen als Nachbarskinder in der südukrainischen Stadt Kriwoi Rog.

«Selenski und den Charkter aus dem TV verbinden vor allem ihre Ehrlichkeit und ihre Naivität», ist Bakanow überzeugt. Ehrlichkeit ist Mangelware in der ukrainischen Politik. In regelmässigen Abständen erschüttern Korruptionsskandale das Land. Während Selenski auf der Bühne das korrupte System vorführt, ist sein Arbeitgeber beim Fernsehen einer der reichsten Männer der Ukraine.

Der Anwalt des Oligarchen

Oligarch Igor Kolomoiski gehört zu den Gegnern des amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko. Kritiker sehen im Kandidaten Selenski ein Projekt des Oligarchen. Das Wahlkampfteam von Selenski streitet jegliche Verbindungen zu Kolomoiski jedoch ab: «Ich kann ihnen kein Dokument zeigen, das beweisen würde, dass Oligarch Kolomoiski hier nicht die Kampagne kontrolliert. Sie können mir aber glauben, dass er hier nicht ein- und ausgeht», kommentiert Berater Dimitri Rasumkow.

Ausser Frage steht, dass der persönliche Anwalt von Kolomoiski im Wahlstab mitarbeitet. Er sei ein langjähriger Freund von Selenski, heisst es auf Nachfrage. Solche Kontakte hatte der bescheidene Geschichtslehrer aus der TV-Serie vor seiner Wahl nicht.

Darin liegt der wohl grösste Unterschied zwischen Fiktion und Realität. Selenski ist bereits vor der Wahl mächtig und einflussreich. Ob er dies bei einer Wahl zum Präsidenten tatsächlich nutzen wird für eine bessere Zukunft des Landes, muss er erst noch unter Beweis stellen

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