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Wahlen in Iran Ebrahim Raisi: Erst Staatspräsident, dann Revolutionsführer?

Wer ist der Mann, der trotz seiner dunklen Vergangenheit zum neuen iranischen Staatspräsidenten gewählt werden dürfte?

Der sogenannte Wächterrat im Iran prüfte bei der Wahl des neuen Staatspräsidenten sämtliche Bewerberinnen und Bewerber auf ihre Linientreue. Hunderte schieden aus, darunter alle Schwergewichte, die Ebrahim Raisi gefährlich werden könnten. Die Frustration ist gross, es wird am Freitag bei der Wahl eine rekordtiefe Beteiligung erwartet.

Foad Izadi nimmt das schulterzuckend hin. Der Politwissenschaftler steht den sogenannten Hardlinern des Systems nahe. Vor 42 Jahren seien die Revolutionäre mit dem Koran in der Hand ins Land gezogen – und dem Versprechen, die Armen und Entrechteten zu befreien. «Ebrahim Raisis Kandidatur steht für die Rückbesinnung dieser islamischen Republik auf ihre tugendhaften Anfänge», meint Izadi.

Parallelen zum Revolutionsführer

Der Favorit ist 60 Jahre alt. Der schwarze Turban zeichnet ihn als einen jener schiitischen Geistlichen aus, die für sich beanspruchen, direkt von der Familie des Propheten abzustammen, wie Revolutionsführer Khamenei. Raisi kommt aus Mashad, einem religiösen Zentrum ganz im Osten des Landes, nahe der afghanischen Grenze.

Mann hält Flaggen.
Legende: Raisi hat in der Bevölkerung viele Anhänger. Keystone

Im Wahlkampf spricht er vage von der Stärkung der iranischen Wirtschaftskraft, von mehr Zusammenarbeit mit den Nachbarn in der Region. Eine Regierung unter seiner Führung sei aber auch bereit, zum internationalen Atomabkommen zu stehen. Bedingung sei, dass die Sanktionen des Westens fallen. Der Revolutionsführer habe den Vertrag gewollt, also werde er auch eingehalten.

Sanktionen als Chance für Raisi

Er spricht ohne rhetorisches Feuer, ist durch und durch ein Mann des Apparats. Schon bei den letzten Wahlen versuchte er, Staatspräsident zu werden. Damals unterlag er dem moderaten Rohani. Rohani hatte den Anschluss an den Westen und die Weltwirtschaft versprochen, dank Atomabkommen.

Doch Donald Trump verhängte drakonische Wirtschaftssanktionen, machte Rohani einen Strich durch die Rechnung und dessen Reformer in Iran zum Gespött der Hardliner. Raisi wurde unterdessen für ein Comeback in Position gebracht. Der Revolutionsführer ernannte ihn zum Chef der Justiz, darin nur noch ihm selbst, dem Revolutionsführer, verantwortlich.

Nachfolger von Khamenei?

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Im Wahlkampf streicht Ebrahim Raisi heraus, wie furchtlos er gegen die grassierende Korruption vorgehe, eines der grösseren Übel im Land. Manche handeln Raisi gar schon als Khameneis Nachfolger, obwohl ihm die spirituelle Autorität eines Ajatollahs eigentlich fehlt.

Raisi hat Theologie studiert, aber nur bis zum mittleren Rang. Erst Staatspräsident, dann Revolutionsführer – auch der Politwissenschaftler Foad Izadi hält das sehr wohl für denkbar.

Seine ganze Karriere im Dienst dieses islamistischen Systems hat Raisi im Sicherheitsapparat verbracht, war erst Staatsanwalt in der Provinz und dann lange Jahre in der Hauptstadt. «Die Tatsache, dass er aus der Justiz kommt, soll den Menschen Hoffnung zurückgeben: Hier tritt ein Mann der Gerechtigkeit an», sagt Izadi.

Dunkles Kapitel

Jasmin Ramsey von der Menschenrechtsorganisation «Center for Human Rights in Iran» sieht das ganz anders und erinnert an ein dunkles Kapitel in Raisis Laufbahn. Ende der Achtzigerjahre war er einer von vier Männern im sogenannten Teheraner Todeskomitee, das kurzen Prozess machte und in einef beispiellosen Hinrichtungswelle tausende politische Häftlinge exekutieren liess.

Das sei ein Thema für westliche Regierungen und Medienleute, die meisten Wähler im Land hätten andere Sorgen – Izadi wischt den Vorwurf weg. Unter Justizchef Raisi lässt Iran auch heute noch mehr Häftlinge hinrichten als jedes andere Land ausser China.

Und erst vor zwei Jahren – bei Massenprotesten gegen die wirtschaftliche Misere – wurden mehrere hundert Menschen erschossen in dieser «islamischen Republik», die mehr mit Machterhalt beschäftigt wirkt als mit Erneuerung. Ebrahim Raisi, der Spitzenkandidat, vertritt sie linientreu.

10v10, 17.6.2021, 21:50 Uhr

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