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Wahlen in Kamerun Wieso der greise Paul Biya gewinnen wird

Im westafrikanischen Land dürfte der 92-jährige Paul Biya am Sonntag erneut zum Präsident gewählt werden – nach vier Jahrzehnten an der Macht, mit dürrem Leistungsausweis. Wie hat es der Greis geschafft, sich so lange im Amt zu halten?

Von aussen betrachtet ist das, was in Kamerun an diesem Sonntag passiert, erstaunlich, vielleicht sogar absurd.

Da ist ein greiser, kranker Mann, der nur noch mit Mühe sprechen und gehen kann. In der Öffentlichkeit sieht man ihn kaum noch. Er sei nur noch ein Geist, sagen viele in Kamerun.

Paul Biya – hier auf einem Porträtbild – ist der älteste Staatslenker der Welt. Ans Abtreten denkt er dennoch nicht.
Legende: Paul Biya ist der älteste Staatslenker der Welt. Ans Abtreten denkt er dennoch nicht. Keystone / Kirill Kukhmar

Nun aber will eben dieser Geist sich nochmals wählen lassen. Zu einer achten Amtszeit – Biya ist seit 1982 ununterbrochen an der Macht.

Dabei gibt es eigentlich kaum noch Gründe, die für seinen Verbleib sprechen. Sein hohes Alter ist das eine Problem. Das andere: Höchstens die ersten zehn Jahre unter Biya waren gut für die Entwicklung Kameruns. Seither bewegt sich das Land kaum noch – oder aber in die falsche Richtung, hin zu mehr Armut, mehr Unsicherheit.

Trotzdem sagen alle Prognosen einen deutlichen Wahlsieg Biyas voraus. Wie ist das möglich?

Wahlen als Täuschung

Die Antwort liegt im politischen System, das Biya über die Jahrzehnte um sich herum gebaut hat. Es ist ein System, das den eigenen Machterhalt über alles stellt.

So hat der Autokrat zum Beispiel gelernt, dass man Wahlen bereits vor dem Urnengang für sich entscheiden sollte. Er tat dies auch dieses Mal.

Zum einen stellte er sicher, dass sein gefährlichster Gegner, der Oppositionskandidat Maurice Kamto, gar nicht auf dem Wahlzettel steht. Er wurde vor einigen Wochen mit fadenscheiniger Begründung ausgeschlossen.

Zum anderen kontrolliert Biya, wer überhaupt wählen kann. Gerade in den oppositionsnahen Städten war es mühselig, sich als Wähler zu registrieren. Die Folge: Nur etwa die Hälfte der 15 Millionen Stimmberechtigten dürfen am Sonntag ihre Stimme abgeben.

Teile und herrsche

So wird aus einer Wahl eine Täuschung. Das gilt umso mehr, weil im Wahlkampf kaum jemand offen über Biyas Leistung spricht. Journalistinnen und NGO-Mitarbeiter, die sich kritisch zu Bilanz und Eignung des Präsidenten äussern, riskieren eine Verhaftung – oder verlieren ihren Job.

Es gibt viele Themen, die weitgehend tabu sind in Kamerun. Dazu gehört der blutige Konflikt im englischsprachigen Teil des Landes und Biyas Gesundheitszustand. Wer über diesen – oder über sein Alter – offen spricht, kann bestraft werden.

Schliesslich setzt das «System Biya» noch auf ein anderes altbewährtes Prinzip der Politik: Teile und herrsche. Der Langzeitpräsident braucht für den Sieg am Sonntag nur eine einfache Mehrheit. Er profitiert davon, wenn sich seine Gegner gegenseitig die Stimmen wegnehmen.

Biya verfolgt deshalb seit Langem die Strategie, die Opposition zu zersplittern. Er stützt die Kleinen und schränkt die Grossen ein, wenn nötig lanciert er Scheinkandidaten. Dieser Ansatz – seine Gegner gegeneinander auszuspielen – funktioniert auch auf internationaler Ebene. Frankreich gehört genauso zu den «Freunden» Kameruns wie China, die USA, Israel und Russland.

Will heissen: Das Biya-Regime macht es mit allen. Und weil niemand den Kürzeren ziehen mag, halten alle dem greisen Autokraten die Stange. 

Entourage profitiert

Biya ist der Architekt dieses genauso gnadenlosen wie wirksamen Machterhaltungssystems. Und obwohl er vieles kaum mehr selbst entscheidet, bleibt er – solange er lebt – dessen Gesicht.

Seine Entourage weiss das. Sie hält deshalb an dem alten Mann fest – auch dieses Mal. Eine Überraschung am Sonntag scheint daher ausgeschlossen.

Echo der Zeit, 07.10.2025, 18 Uhr;liea

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