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Wahlen in Spanien Warum die rechtspopulistische Vox ihren Schrecken verliert

Bis vor kurzem war eine Regierungsbeteiligung der Vox Tabu. Das ist vorbei. Fünf Fragen zur spanischen Rechtsaussenpartei.

Worum geht es? Am 23. Juli wird in Spanien das Parlament neu gewählt. Aktuell regiert die sozialistische Partei PSOE von Pedro Sánchez zusammen mit der weiter links stehenden Unidas Podemos. Doch diese Koalition steht unter Druck - die konservative Volkspartei Partido Popular (PP) ist im Aufwind. Sie hat bei den Regionalwahlen Ende Mai deutlich gewonnen.

Welche Rolle spielt Vox? Die rechtspopulistische Partei Vox steht als mögliche Koalitionspartnerin im Fokus der Aufmerksamkeit. Falls der Partido Popular die Wahlen gewinnen kann (worauf die Umfragen aktuell hindeuten), dürfte er auf Vox angewiesen sein, um eine Regierung bilden zu können. Das wäre ein Novum: Bis vor kurzem lehnte der PP die Zusammenarbeit mit Vox jeweils noch kategorisch ab.

Was hat sich verändert? Heute halte es ein Grossteil der rechten Wählerinnen und Wähler für normal, mit Vox zu paktieren, stellt die spanische Politologin und Publizistin Estefanía Molina fest. Den Grundstein dafür legte vor gut einem Jahr die autonome Gemeinschaft Castilla y León – die Region westlich von Madrid war die erste, wo PP und Vox eine gemeinsame Regierung bildeten. Nun, nach den Regionalwahlen, geschieht dasselbe in der einflussreichen Region Valencia. In anderen Regionen laufen Verhandlungen. Und auch in zahlreichen Gemeinden spannen die Parteien zusammen.

Umstrittenes Vox-Werbeplakat in Madrid, das sich unter anderem gegen Feminismus und gegen die LGBTQ-Bewegung richtet.
Legende: Umstrittenes Werbeplakat von Vox in Madrid: Die Symbole des Feminismus, der LGBTQ-Bewegung und der katalanischen Unabhängigkeit landen in einem Papierkorb. Reuters/Violeta Santos Moura

Warum gewinnt Vox an Akzeptanz? Umfragen zeigen, dass die Ultrarechten insbesondere auch bei jungen Wählerinnen und Wählern zulegen. Die Politologin sieht dafür zwei Hauptgründe:

  • Die Jungen hätten weniger Angst vor etwas extremeren Parteien, weil sie die Zeit der Diktatur Francos, beziehungsweise des Übergangs zur Demokratie vor über 40 Jahren nicht miterlebt hätten. Deshalb schade es Vox auch nicht mehr so stark, wenn einzelne Exponenten der Partei nach wie vor mit der nationalistischen Politik der Diktatur sympathisieren.
  • Vox zu wählen, sei häufig auch schlicht ein Zeichen des Protests, erklärt die Politologin Estefanía Molina: «Die Ultrarechte präsentiert sich, wie in anderen Ländern auch als subversive Kraft gegen das sogenannte Establishment. Und das Establishment hier ist die Linke.»

Was sind die Folgen davon, dass Vox vermehrt eingebunden wird? Zwar bekämen Vox-Vertreterinnen und -Vertreter mehr Aufmerksamkeit, wenn sie Teil einer Regierung sind, sagt Molina: «Gleichzeitig werden aber auch die Mängel in ihren Diskursen offengelegt.» Als Beispiel nennt sie die europaskeptische Haltung der Partei: «Es kann sein, dass Vox dann doch keinen energischen Kampf gegen die Europäische Union führen wird. Weil die Europäische Union etwas hat, um dies zu verhindern: die europäischen Geldzahlungen.» Molina glaubt zwar, dass Vox eine gemässigtere Politik praktiziert, sobald sie an der Macht teilhat: «Es ist aber nicht so, dass sie sich selbst mässigen. Sondern, dass sie vom System eingeschränkt werden.»

SRF 4 News, Echo der Zeit, 07.07.2023, 18 Uhr

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