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Wahlen in Tschechien «Der tschechische Trump» ist zurück an der Macht

Milliardär Babis ist zurück an der Macht. Allerdings ist es noch nicht sicher, ob er Ministerpräsident werden wird. Viele in Tschechien glauben, dass er möglicherweise einen weniger polarisierenden Parteifreund als Regierungschef nominiert, etwa seinen parteilosen Ex-Handelsminister Karel Havlicek.

Babis will Einparteienregierung

Überraschender ist, dass Babis am Wahlabend erklärte, er wolle – trotz fehlender Mehrheit – eine Einparteienregierung bilden. Mit ihren 35 Prozent ist seine Rechtspartei «Allianz unzufriedener Bürger» (Ano) zwar klar die stärkste Kraft im Parlament, von einer Mehrheit im Parlament ist sie aber weit entfernt.

Babis will sich jetzt Unterstützung bei der rechtsextremen «Freiheit und direkte Demokratie» (SPD) und der Autofahrerpartei «Motoristen» suchen. Die SPD, die acht Prozent der Stimmen holte, fordert allerdings ein Referendum über den Austritt Tschechiens aus der EU und der Nato sowie die Ausschaffung der mehr als 380'000 ukrainischen Geflüchteten in Tschechien. Die Autofahrerpartei, die sieben Prozent der Stimmen holte, fordert unter anderem eine Aufhebung des Verbrennerverbots ab 2035.

Unbehagen in Brüssel

Das erklärte politische Vorbild von Babis heisst Donald Trump. Wie dieser gibt Babis nicht viel auf Umweltschutz und will die Umweltpolitik der Europäischen Union mit aller Kraft bekämpfen. Anfang Jahr hat Babis zusammen mit anderen europäischen Rechtsparteien die Allianz «Patrioten für Europa» gegründet. Mit dabei etwa Viktor Orbans ungarische Fidesz, Marine Le Pens Rassemblement National oder Herbert Kickls österreichische FPÖ.

Babis wird in Brüssel jetzt mit Ungarn und der Slowakei zusammenspannen. Damit wird es für die EU-Spitze noch schwieriger, einstimmige, gemeinsame Positionen zu finden.

Regieren wie ein Firmen-Manager

Vielleicht noch wichtiger ist aber: Babis hat immer wieder erklärt, er möchte sein Land führen, wie ein Manager seine Firma. Das bedeutet, dass all jene unter Druck geraten, die man gemeinhin als «checks and balances» bezeichnet, also alle Kontrollinstanzen im Staat.

Das verheisst nichts Gutes für die Justiz und die Medien. Nur konsequent ist daher, dass Babis bereits angekündigt hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Tschechien so rasch als möglich abzuschaffen.

Ständige Interessenskonflikte

Allerdings hat der Wahlsieger auch Problemzonen: Wie ein Damoklesschwert hängt die Affäre «Storchennest» über Babis. Der Milliardär wird verdächtigt, beim Bau eines Wellness-Hotels rund zwei Millionen Euro EU-Subventionen missbräuchlich bezogen zu haben. Der Gerichtsentscheid steht noch aus.

Vor einer weiteren Strafverfolgung müsste das Parlament indes erneut die Immunität aufheben. Und: Babis besitzt ein Imperium von mehr als 250 Firmen. Das hat zur Folge, dass er als Regierungschef (oder Parteichef der Regierungspartei) fast ständig in Interessenkonflikte geraten wird.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 bei SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

SRF 4 News, 4.10.2025, 17 Uhr

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