Bis und mit Montag findet ein Sondertreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) statt – und zwar zum ersten Mal in der saudischen Hauptstadt Riad. Aussenminister Ignazio Cassis ist bereits in Riad eingetroffen, am Montag soll auch US-Aussenminister Blinken dort erscheinen. Diskutiert werden Themen der internationalen Kooperation, Energie, aber auch die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine.
Es liege auf der Hand, warum das WEF-Sondertreffen diesmal im saudischen Königreich stattfindet, sagt Eyad Alrefai, Dozent für Politikwissenschaften an der König-Abdulaziz-Universität im saudischen Dschidda. Saudi-Arabien stehe in vieler Hinsicht in der Mitte, zwischen dem globalen Norden und Süden, zwischen den Grossmächten USA und China, aber auch zwischen den regionalen Konfliktparteien Iran und Israel.
Ohne Stabilität in der Region kann die saudische Wirtschaft nicht florieren.
Der saudische Finanzminister Mohammed al-Dschadan nannte am Sonntag am Sondertreffen denn auch solche geopolitischen Konflikte als das grösste Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Diese Ansicht teilt auch der Politologe Alrefai: «Ohne Stabilität in der Region kann die saudische Wirtschaft nicht florieren.»
Saudi-Arabien will Region investitionsfreundlicher machen
Saudi-Arabien hat deshalb jüngst eigene Konflikte mit Iran oder Katar beiseitegelegt. Dies auch, um Investoren anzuziehen für gigantische Infrastrukturprojekte im Königreich. So etwa die Zukunftsstadt Neom, welche 170 Kilometer lang vom Roten Meer in die Wüste gebaut werden soll. 500 Milliarden Dollar soll die Stadt kosten. Ein Teil davon soll durch ausländische Investoren finanziert werden.
Doch diese hielten sich zurück seit dem 7. Oktober 2023, als die Hamas Israel überfiel und damit die Region destabilisierte, sagt Politologe Eyad Alrefai. Der Gaza-Krieg und die damit verbundene Eskalation zwischen Israel und Iran, bei der sich beide Länder erstmals gegenseitig direkt angriffen, widerspreche den jüngsten Bestrebungen Saudi-Arabiens, die Region stabiler und investitionsfreundlicher zu machen, so Alrefai weiter.
Laut einem Bericht der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg musste Saudi-Arabien die Pläne für die Zukunftsstadt Neom verkleinern. Statt 170 Kilometer soll sie bis 2030 nur noch zweieinhalb Kilometer lang werden. Offiziell bestätigt wurde dies jedoch nicht.
Dennoch ist klar: Ausländische Investitionen in Reichweite von Huthi-Stellungen in Jemen sind nicht attraktiv. Auch sonst lief das letzte halbe Jahr nicht gerade nach Plan der Saudis. So standen Saudi-Arabien und Israel vor einer Annäherung, welche auch potenzielle neue Handelswege durch das Königreich hätte schaffen sollen.
Normalisierung der Beziehungen zu Israel
Nun seien solche Projekte in weite Ferne gerückt, sagt Politologe Eyad Alrefai: «Ohne eine Lösung im Gaza-Krieg können wir nicht über eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Israel sprechen. Dies widerspiegelt auch die offizielle Haltung Riads.»
Der neu entfachte Nahost-Konflikt läuft den Plänen des saudischen Kronprinzen entgegen, sein Land investitionsfreundlicher zu machen. Der Fokus liegt mehr auf Konfliktbewältigung als auf wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Entwicklung und Investitionen.
Die Einladung des WEF-Sondertreffens nach Riad dürfte somit der Versuch des Kronprinzen sein, wieder das Zepter in die Hand zu nehmen und die Zuversicht der Investoren zu fördern.