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Wegen Corona-Virus Chinesen können ihre Familien nicht sehen

Kathy Liu lebt in Schanghai. Die Neujahrsferien wollte sie eigentlich zu Hause bei ihren Eltern verbringen in der Provinz Hubei. Dort, wo das Corona-Virus zuerst aufgetaucht ist. «Als die Zahl der Fälle sprunghaft anstieg», erzählt sie, «da wusste ich, die Lage ist ernst.»

Das war am 20.Januar. An diesem Donnerstag trat eine chinesische Expertenkommission vor die Medien und warnte erstmals vor einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Am gleichen Tag rief Chinas Präsident Xi Jinping zum entschlossenen Kampf gegen das Virus auf.

Seither ist das Corona-Virus in den sozialen Medien Chinas das Thema Nummer eins. «Viele meiner Freunde aus Hubei haben entschlossen nicht nach Hause zu fahren», sagt die 25-jährige. Ihre Heimreise hat sie abgesagt, bevor auch ihre Heimatstadt abgeriegelt wurde.

Viele meiner Freunde aus Hubei haben entschlossen nicht nach Hause zu fahren.
Autor: Kathy Liu

Zuerst haben ihre Eltern den Entscheid nicht verstanden. Das chinesische Neujahr oder Frühlingsfest ist die wichtigste Familienfeier. Kathy Liu hat im Ausland studiert. «Ich war drei Jahre lang an Neujahr nicht zu Hause. Sie wünschten sich, dass ich dieses Mal heimkomme.»

Die junge Frau hätte durch das Epizentrum Wuhan reisen müsse. «Meine Eltern sind alt», begründet Kathy Liu den Entscheid. «Ich will sie nicht anstecken.»

Kathy Liu zieht ihre Gesichtsmaske nur im Zimmer ab

Rund 14'500 Menschen wurden bereits mit dem Corona-Virus infiziert. Die Zahl der Toten liegt mittlerweile über 300. Auch in der Megametropole Schanghai gibt es 182 Infizierte und einen Toten.

Die chinesische Regierung rät zu Hause zu bleiben und auf Reisen zu verzichten. Das macht auch Kathy Liu. Sie lebt in einer Wohngemeinschaft. Ihre Gesichtsmaske zieht sie nur in ihrem Zimmer ab. Wenn sie ins Erdgeschoss fährt, um am Paket-Automaten ihre Online-Einkäufe abzuholen, wäscht sie danach die Hände: «Alleine im Lift berühre ich verschiedene Knöpfe.»

«Die Menschen aus Hubei leiden am meisten»

Die Informationen beschafft sie sich im Internet. Verschiedene staatliche Medien und Behörden erklären auf ihren Social-Media-Kanälen, wie man sich gegen das Virus schützen kann.

Auch die chinesischen User geben sich gegenseitig Tipps und kommentieren fleissig. Darunter hat es auch Hasskommentare, die sich gegen die Bevölkerung von Hubei richten, wo das Virus ausbrach.

«Viele vergessen, dass die Menschen aus Hubei am meisten leiden», sagt Kathy Liu. «Sie müssen mit der Panik umgehen, sind von ihren Familien getrennt, haben zum Teil zu wenig Essen und können nicht nach draussen gehen.»

Krankheit bringt Menschen näher

Kathy Liu ist traurig, dass sie ihre Familie nicht sehen kann. Aber: «Die Krankheit hat uns auch nähergebracht.» Statt wie bisher einmal pro Woche telefoniert sie jetzt täglich mit ihren Eltern.

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