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Wegen Klimaschäden Inselbewohner verklagen Zementkonzern Holcim

  • Vier Bewohnerinnen und Bewohner der vom Klimawandel bedrohten indonesischen Insel Pari haben Zivilklage gegen den Schweizer Baustoffkonzern Holcim eingereicht.
  • Sie machen den Zementhersteller in einem Schweizer Präzedenzfall vor Gericht für Klimaschäden in ihrer Umwelt verantwortlich und fordern Entschädigungen.
  • Zuvor war ein Schlichtungsverfahren 2022 erfolglos geblieben.

«Wegen des Klimawandels steigt der Meeresspiegel und bei Stürmen wird unsere flache Insel zunehmend überschwemmt», hiess es an einer Online-Medienkonferenz des Hilfswerks Heks, bei der sich auch die Betroffenen in Indonesien zu Wort meldeten.

Der Klimawandel bedrohe die Existenz aller 1500 Menschen, die auf Pari nordwestlich der indonesischen Hauptstadt Jakarta lebten. So habe die Insel in elf Jahren elf Prozent ihrer Fläche verloren. Auch hätten die Fluten Konsequenzen auf das Einkommen.

Holcim sei einer der 50 grössten CO₂-Emittenten aller Unternehmen weltweit und trage daher einen massgeblichen Teil der Verantwortung an den Folgen des Klimawandels, sagte Nina Burri, Fachverantwortliche Unternehmen und Menschenrechte bei Heks.

Erstmals soll sich nun ein Schweizer Unternehmen für seine angebliche Rolle beim Klimawandel vor Gericht verantworten. Man wolle, dass die Verantwortlichen endlich handeln. Hauptforderung der Klage sei, dass Holcim die absoluten CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2019 bis 2030 um 43 und bis 2040 um 69 Prozent reduziere, sagte Burri weiter.

Die Insel Pari droht wegen des steigenden Meeresspiegels zu verschwinden.
Legende: Die Insel Pari droht wegen des steigenden Meeresspiegels zu verschwinden. Pari wurde im letzten Jahr von fünf Fluten heimgesucht. Die Kläger verweisen auch auf eine Studie des Interessenverbands Global Climate Forum, wonach Schäden auf Pari nachweislich durch die Klimaerwärmung verursacht worden seien. KEYSTONE / MAST IRHAM

Zudem verlangen die Klägerinnen und Kläger von Holcim eine anteilsmässige Entschädigung und Geld für Flutschutzmassnahmen, da sie ihre Existenz auf der Insel bedroht sehen. Pro Kopf fordern die vier Personen 3600 Franken, wie es vor den Medien hiess.

Schlichtungsverhandlung 2022 ohne Einigung

Konkret machen die Kläger eine Persönlichkeitsverletzung aufgrund des «übermässigen CO₂-Ausstosses» durch Holcim geltend. Die Klage wurde am Montag beim Zuger Kantonsgericht eingereicht. In dem Kanton hat die Holcim-Gruppe ihren Hauptsitz.

Video
Archiv: Klimaklage gegen Holcim
Aus 10 vor 10 vom 06.10.2022.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 41 Sekunden.

Zuvor war es im Oktober 2022 zu einer Schlichtungsverhandlung ohne Einigung gekommen. Man stelle sich bei diesem Präzendenzfall auf ein langes Verfahren ein, sagte Burri.

Holcim weist Forderungen zurück

Holcim weist die Forderungen zurück. Gerichtsverfahren, die sich auf einzelne Firmen konzentrierten, seien kein wirksamer Mechanismus, um die globale Komplexität des Klimaschutzes zu bewältigen, teilt der Konzern der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage mit.

Der Klimaschutz habe für Holcim höchste Priorität und stehe im Mittelpunkt der Strategie des Unternehmens, schreibt der Konzern in seiner Stellungnahme.

Holcim setzt auf Partnerschaften

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Holcim verfolge einen «wissenschaftlich fundierten Ansatz» mit Netto-Null-Zielen der Branche, die in Einklang mit dem 1.5-Grad-Pfad stünden, der 2015 in Paris festgesetzt wurde. Man konzentriere die Bemühungen auf Partnerschaften über die gesamte Wertschöpfungskette des Bausektors hinweg, um den Übergang zu einem Netto-Null-Energieverbrauch zu beschleunigen, heisst es.

Holcim zählt zu den grössten Baustoffproduzenten der Welt. Das Unternehmen beschäftigt gegen 70'000 Mitarbeitende. Der Umsatz kletterte 2021 kräftig um 11.3 Prozent auf 26.8 Milliarden Franken. Der wiederkehrende Betriebsgewinn sprang auf 4.6 Milliarden Franken.

Unterstützt werden die Insulaner in dem Rechtsstreit vom Schweizer protestantischen Hilfswerk Heks, dem Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) und der indonesischen Umweltorganisation Walhi.

Kritik an Klimaplänen von Holcim

Die Klimaklage ist Teil der Kampagne «Call for Climate Justice» (deutsch: Ruf nach Klimagerechtigkeit). Das Hilfswerk Heks kritisiert die Klimapläne von Holcim mit den Worten «zu wenig und zu spät». Es zweifelt nach einer Analyse an der Wirksamkeit und teils an der technischen Realisierbarkeit.

Zudem gebe sich Holcim mehrheitlich relative Emissionsziele, also eine Verringerung des CO₂-Ausstosses pro Tonne Zement, ohne absolute Ziele zu setzen. Insgesamt habe das Unternehmen von 1950 bis 2021 rund 7.15 Milliarden Tonnen CO₂ freigesetzt.

SRF 4 News, 1.2.2023, 10 Uhr;

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