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Wer lügt – Israel oder Iran? Teheran spricht von «aufgewärmtem Bluff»

Israels Vorwurf, Iran könne sein Atomprogramm jederzeit hochfahren, ist heftig. Heftig sind auch die Reaktionen darauf.

Am Montagabend zur besten Sendezeit, hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Fernsehen ein Regal voller Ordner und 103 CDs präsentiert: angeblich eine halbe Tonne Beweise für Irans geheimes Atomwaffenprogramm. Dieses sei zwar eingemottet, könne von Teheran aber jederzeit wieder aktiviert werden.

Iran bezichtigt Israel der Lüge

Die Vorwürfe seien ein «aufgewärmter Bluff», und Netanjahu sei ein «eingefleischter Lügner, dem die Ideen ausgehen», wettert das iranische Aussenministerium auf seiner Homepage. Es gehe Netanjahu nur darum, US-Präsident Donald Trump zu beeinflussen.

Dieser muss nämlich bis zum 12. Mai entscheiden, ob die USA – wie angedroht – wieder Sanktionen gegen Teheran verhängen und somit aus dem Atomabkommen aussteigen wird.

Europäer verteidigen das Abkommen

Das Szenario eines möglichen Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen prägt die internationalen Reaktionen. Dass Teheran sein Atomprogramm bis 2025 massiv einschränkt und Inspektionen zulässt, sei nach den Vorwürfen Israels noch wichtiger, verlautete aus dem französischen Aussenministerium.

Man sei nie naiv gewesen, was Irans Ambitionen im Kernwaffenbereich angeht, ergänzen die Briten. Sie betonen, auch London wolle an dem Abkommen festhalten.

In Brüssel zweifelt EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini an der Beweiskraft von Netanjahus Dokumenten. Irans Vertragstreue sei durch die Präsentation des israelischen Regierungschefs nicht in Frage gestellt.

Für Washington sind es klare Beweise

Ganz anders sieht man das in Washington. Netanjahus Dokumente bewiesen, dass das Regime in Teheran nicht die Wahrheit gesagt habe, sagt der neue US-Aussenminister Mike Pompeo. Präsident Trump fühle sich in seiner Meinung zum Iran zu «hundert Prozent bestätigt».

Ob er aus dem Atomabkommen aussteigen will, hat Trump aber noch nicht gesagt. Internationale Schiedsrichterin in Fragen rund um Atomwaffen ist die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien. Sie hat wiederholt, was sie früher schon verlauten liess: Es gebe «keine glaubwürdigen Hinweise» auf ein iranisches Atomwaffenprogramm in den letzten Jahren.

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